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21 April 2020
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Austria: E-Commerce als Rettungsanker in der Krise

1. Von offline zu online

Die durch das Auftreten des Coronavirus ausgelöste Krise hat viele Unternehmer dazu gezwungen, ihre bisher "offline" angebotenen Waren und Dienstleistungen nun auch "online" zu vertreiben. Gerade die Betretungsverbote im Handel und bei Restaurants haben den Einsatz von E-Commerce Lösungen auch für Unternehmen notwendig gemacht, die diesen Vertriebskanal bisher nicht genutzt haben. Während Restaurants leicht(er) bestehende Plattformen nutzen können, stehen andere Unternehmen vor der Entscheidung, eine Webshop-Lösung auf der eigenen Homepage einzubauen.

Der Online-Einkauf wird in der Europäischen Union auch in allen Altersgruppen immer beliebter. Laut einer Umfrage von Eurostat gaben 60 Prozent der befragten Personen im Alter von 16 bis 74 Personen für das Jahr 2019 an, in den vergangenen zwölf Monaten Online-Einkäufe getätigt zu haben. Österreich liegt mit 62 Prozent leicht über dem EU-Schnitt. Es wird allgemein erwartet, dass diese Werte weiter ansteigen werden.

2. Out-of-the-box Webshop Lösungen

Am Markt finden sich zahllose E-Commerce Lösungen, die Webshops für die eigene Homepage quasi "out-of-the-box" anbieten. Grundsätzlich ist gegen solche Lösungen nichts einzuwenden, vor einem Kauf sollte ein Unternehmer aber zumindest die folgenden Punkte prüfen:

  • Bietet die Lösung alle technischen Funktionen, die benötigt werden, in der Standardvariante? Wenn nein, sind die zusätzlich benötigen Funktionen (zB Anbindung an bestehende Systeme) als optionale Module bereits erhältlich oder müssten sie erst hergestellt werden (letzteres ist in der Regel kostenintensiv und mit Risiken verbunden)? Wieviel Anpassungsaufwand ist zu erwarten?
  • Bietet der Hersteller Support bei der Anpassung der Lösung an die eigenen Bedürfnisse und bei der Inbetriebnahme? Wenn ja, wie wird dieser abgerechnet? Sagt der Anbieter einen "Erfolg" zu (dh, dass die Lösung wie gewünscht auch funktioniert) oder nur ein "Bemühen" (dh, dass der Anbieter sich nur bemüht, die Wünsche des einzelnen Kunden umzusetzen, dafür aber nicht geradesteht)?
  • Bietet der Hersteller laufenden Support für den Betrieb der Lösung an? Wenn ja, mit welchen Service Levels und was sagt er dabei zu (nur eine Reaktion oder auch eine Lösung)? Wie wird dieser Support abgerechnet?
  • Hostet und betreibt der Anbieter die Lösung selbst (zB im Rahmen eines SaaS Angebots) oder muss der Unternehmer den Betrieb selbst übernehmen (oder durch seinen Rechenzentrumsbetreiber übernehmen lassen)?
  • Gibt es vielleicht auch andere Dienstleister, die bei der Anpassung der Lösung und bei dem späteren Betrieb unterstützen können? Wenn ja, ist es sinnvoll diese einzusetzen (diese können voraussichtlich keine Fehlerbehebung zusagen)?
  • Was sind die Kosten der Lösung: für die Anschaffung, die Anpassung an die eigenen Bedürfnisse und den laufenden Betrieb (inkl Support und Wartung)? Wie ist die Laufzeit geregelt und welche Kündigungsmöglichkeiten bestehen?
  • Wie einfach ist es, von dieser Lösung später zu einer anderen zu wechseln? Besteht die Gefahr, in dieser Lösung "gefangen" zu sein (sog. Lock-in Effekt)?
  • Setzt die Lösung die anwendbaren rechtlichen Vorschriften bereits korrekt um und bietet der Anbieter Standardvorlagen für Rechtstexte, die mit den Endkunden vereinbart werden müssen (AGB, Datenschutzerklärungen etc)?

3. Besondere rechtliche Anforderungen im Umgang mit Konsumenten

Die rechtlich korrekte Umsetzung eines Webshops bzw ganz allgemein einer E-Commerce-Präsenz ist durchaus komplex, vor allem in B2C Geschäften. Hier sind vor allem die massiven vor- und nachvertraglichen Informationspflichten zu beachten.

FAGG

Für Fernabsatzverträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern gilt vor allem das Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz ("FAGG"). Darunter fallen vor allem Verträge die über das Telefon, postalisch oder über einen Webshop abgeschlossen werden. Die Informationspflichten nach dem FAGG sind grundsätzlich (mit einigen Besonderheiten, die sich je nach Art des verwendeten Fernkommunikationsmittels bzw Vertragstyp unterscheiden – siehe auch Punkt 3.1) ohne Einschränkungen unabhängig von der Art des verwendeten Fernkommunikationsmittel zu erfüllen.

Es gibt aber auch einige Ausnahmen vom Anwendungsbereich des FAGG. Die wichtigste Ausnahme betreffen Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs.

3.1 Vorvertragliche Informationen (§ 4 FAGG):

Dem Verbraucher sind vor Vertragsabschluss umfangreiche Informationen klar und verständlich zu erteilen, wie zB

  • wesentliche Eigenschaften der Ware,
  • Name oder die Firma des Unternehmers sowie die Anschrift und Kontaktdaten,
  • Gesamtpreis der Ware (inkl. Steuern und Liefer-, Versand- und sonstiger Kosten),
  • Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen.

Besonders wichtig ist die Belehrung über das Rücktrittsrecht (über den Umstand, dass ein Rücktrittsrecht besteht; über die Bedingungen und Fristen des Rücktrittsrechts und wie bei der Geltendmachung des Rücktrittsrechts vorzugehen ist; dafür gibt es gesetzliche Vorgaben, die verwendet werden können). Die Rücktrittsfrist für Fernabsatzverträge beträgt 14 Kalendertage. Innerhalb dieser Frist kann der Verbraucher ohne Angabe von Gründen von den abgeschlossenen Verträgen zurücktreten. Wird über das Rücktrittsrecht nicht korrekt informiert, verlängert es sich um 12 Monate.

Zu beachten sind auch die Ausnahmen vom Rücktrittsrecht wie zum Beispiel ist das Rücktrittsrecht ausgeschlossen bei Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder schnell verderbliche Waren oder solche, deren Verfallsdatum schnell überschritten wird.

Zudem bestehen neben den allgemeinen Informationspflichten noch besondere Informationspflichten, die sich je nach Art des Fernkommunikationsmittel unterscheiden. Beispielweise sind bei elektronisch geschlossenen Verträgen (Webshop) einige wichtige der in § 4 FAGG enthaltenen Informationen (wie zB wesentliche Eigenschaften und Gesamtpreis der Ware oder Dienstleistung) unmittelbar vor dem Bestellbutton erneut zu erteilen.

3.2 Nachvertragliche Informationen (§ 7 FAGG​​​​​​​):

Der Unternehmer hat dem Verbraucher innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Vertragsabschluss, spätestens jedoch mit der Lieferung der Waren, eine Bestätigung des geschlossenen Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen, die die in § 4 FAGG genannten Informationen enthält, sofern er diese Informationen dem Verbraucher nicht schon vor Vertragsabschluss auf einem dauerhaften Datenträger bereitgestellt hat.

Als dauerhafte Datenträger gelten Papier, USB-Sticks, CD-Roms, DVDs, Speicherkarten, die Festplatten von Computern und E-Mails (unabhängig davon, ob Mail oder Mail Anhang). Nicht ausreichend sind in E-Mails enthaltene Links und Informationen auf Websites oder die bloße Aufforderung zum Download.

3.3 Vorsicht bei AGB

Es muss auch geprüft werden, ob die derzeit verwendeten Geschäftsbedingungen auf den Onlinehandel angepasst werden müssen und in welchem Umfang. In der Regel wird es Anpassungsbedarf geben. Achtung: auch wenn die AGB natürlich rechtlich zentral sind, dürfen die vom FAGG geforderten Informationen nicht bzw nicht nur in den AGB erteilt werden. Es muss also der Inhalt und Aufbau des Webshops per se den gesetzlichen Anforderungen gerecht werden; nur eine Anpassung der AGB ist zu wenig.

Merke: Um unnötige Kosten und Zeit zu sparen, sollten Unternehmer noch vor der technischen Gestaltung eines Webshops die zu erfüllenden rechtlichen Anforderungen prüfen und kennen. Das E-Commerce-Recht greift tief in die Gestaltung eines Webshops ein. Der Unternehmer muss sicherstellen, dass die rechtlichen Anforderungen vollumfänglich in der für das verwendete Fernkommunikationsmittel geforderten Form erfüllt werden. Verbraucherschutzverbände prüfen gerade stark frequentierte Webshops gerne auf ihre rechtliche Compliance.

 

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