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03 April 2024
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Austria: E-Mobilität und die Novelle der Kraftstoffverordnung: Neue Geschäftsmodelle

Die Kraftstoffverordnung 2012 (KVO 2012) unterwirft Personen, die fossile Kraftstoffe für den Straßenverkehr in Verkehr bringen, einer Substitutions- und Treibhausgas-Minderungspflicht. Am 1. Jänner 2024 trat mit einer Neufassung des § 11 KVO eine Bestimmung in Kraft, die der Dekarbonisierung des Verkehrssektors und dem Ausbau der E-Mobilität zusätzlichen Schub verleihen soll.

Worum geht es?

Die "Inverkehrbringer" von Benzin und Diesel sind Substitutionsverpflichtete iSd KVO ("Verpflichtete"). Sie müssen jährlich einen Anteil der von ihnen in den Verkehr gebrachten Treibstoffe für den Straßenverkehr durch Biokraftstoffe substituieren (3,4% bzw 6,3%). Zudem müssen die mit den in Verkehr gebrachten Kraftstoffen verbundenen Treibhausgasemissionen stufenweise gesenkt werden (um 7% ab 2024). Werden Ziele verfehlt, fällt ein Ausgleichsbetrag an. Dieser beträgt 600 € pro Tonne CO2-Äquivalent im Hinblick auf das Treibhausgas-Minderungsziel. Bei Nichterreichung der Biokraftstoff-Substitutionsziele fallen 43 € pro Gigajoule für den nicht substituierten energetischen Anteil an.

Handel mit Strom, Wasserstoff und E-Fuels

Strom, Wasserstoff und E-Fuels, die als alternative Kraftstoffe zur Betankung von Kraftfahrzeugen verwendet werden, sowie Biokraftstoffe und Biomethan können gehandelt und im Hinblick auf die Erfüllung von Substitutions- und Treibhausgas-Minderungspflichten angerechnet werden. Die Verpflichteten können rund die Hälfte ihrer Substitutionsverpflichtung im Wege einer vertraglichen Vereinbarung auf Dritte übertragen. Vertraglich vereinbart werden kann etwa die Übertragung jener Mengen erneuerbaren Stroms, die in einem Verpflichtungsjahr für den Antrieb von E-Fahrzeugen verwendet wurden.

Übertragung von Substitutionsverpflichtungen

An der Übertragung der Substitutionsverpflichtung können unterschiedliche Akteure mitwirken:

  • Begünstigte iSd KVO, darunter fallen E-Ladestationsbetreiber, Zulassungsbesitzer von E-Fahrzeugen und gewerbliche Betreiber halb-öffentlich zugänglicher E-Ladestationen (bspw Hotels mit Ladesäulen für den eigenen Fuhrpark sowie für Gäste). Sie können die in einem Kalenderjahr an E-Fahrzeuge abgegebenen Strommengen an "Antragsberechtigte" vertraglich übertragen. Antragsberechtigt sind bei der Umweltbundesamt GmbH registrierte Personen, die zumindest eine öffentliche oder halb-öffentliche E-Ladestation betreiben.
  • Die Antragsberechtigten können wiederum die von ihnen generierten und im Wege der Übertragung gesammelten Strommengen an Verpflichtete gem KVO übertragen.
  • Die Verpflichteten können sich die übertragenen Strommengen auf ihre Substitutions- und Reduktionsziele anrechnen lassen. Verpflichtete, die ihre Ziele bereits erreicht haben, können über die Zielerfüllung hinausgehende Mengen, die selbst generiert wurden, an andere Verpflichtete übertragen.

Anrechnung von "getankten" Strommengen

Anrechenbar sind ausschließlich jene Mengen an erneuerbaren Strom, die in Österreich an E-Fahrzeuge abgegeben wurden. Dabei wird der Durchschnittswert erneuerbaren Stroms von im Bundesgebiet bereitgestellter Elektrizität herangezogen. Antragsberechtigte können im Zeitraum vom 1. Jänner bis zum 1. März des einem Verpflichtungszeitraum folgenden Jahres einen Antrag zur Anrechenbarkeit von Strommengen bei der Umweltbundesamt GmbH stellen. Dabei müssen mindestens 100.000 kWh elektrischen Stroms eingereicht werden. Die Umweltbundesamt GmbH stellt nach positiver Prüfung eine Bescheinigung über die Anrechenbarkeit der Strommengen aus.

Die Anrechnung selbst erfolgt über das elektronische System elNa. Erneuerbarer Strom, der an E-Fahrzeuge abgegeben wurde, bzw die damit verbundene Verminderung von Treibhausgasemissionen wird vierfach auf das Treibhausgas-Minderungsziel gem § 7 KVO angerechnet. Damit besteht ein Anreiz für Investitionen in E-Ladestellen.

Gestaltung von Handelsverträgen

Bei der Ausgestaltung des vertraglichen Beziehungsgeflechts zwischen Verpflichteten und Antragsberechtigten ist darauf zu achten, dass die Anrechnungseignung sowie die Übertragung der anrechenbaren Mengen von erneuerbarem Strom entsprechend den technischen Modalitäten des ElNa-Systems geregelt wird, um spätere Streitigkeiten in Bezug auf die vertragliche Pflichtenerfüllung von vornherein zu vermeiden. Insbesondere muss sauber geregelt werden, ab wann die Verpflichtung der Übertragung anrechenbarer Mengen als erfüllt gilt und damit Zahlungsansprüche gegen den Verpflichteten begründet.

Schlussbemerkung

Mit der Übertragung der Erfüllung von Verpflichtungen auf Dritte entstehen neue wirtschaftliche Möglichkeiten für Ladesäulenbetreiber und Halter von E-Fahrzeugen. Interessant könnte der Handel mit anrechenbaren Strommengen vor allem für Unternehmen mit einem elektrischen Fuhrpark sein. Private Zulassungsbesitzer profitieren beim Verkauf getankter Strommengen von einer Steuerfreistellung (§ 3 Abs 1 Z 41 EStG). Unternehmen können diesen Anreiz nutzen, um Strommengen von Privaten einzusammeln und an KVO-Verpflichtete zu verkaufen.

 

authors: Bernd Rajal, Patrick Barabas

Bernd
Rajal

Partner

austria vienna

co-authors