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27 October 2025
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Schwarzbauten-Amnestie verfassungswidrig?

Die oberösterreichische Bauordnung (Oö BauO 1994) ermöglicht die nachträgliche Legalisierung von Schwarzbauten, soweit sie mehr als 25 Jahre Bestand haben. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) prüft nun die Verfassungskonformität dieser Regelung.

Worum geht es?

Schwarzbauten beschäftigen Gesetzgeber und Höchstgerichte bereits seit Jahrzehnten. Der VfGH hat in ständiger Rechtsprechung betont, dass pauschale "Amnestien" für Schwarzbauten verfassungsrechtlich bedenklich sind: Wer ohne Bewilligung baut, darf nicht bessergestellt werden als jene, die sich rechtskonform verhalten. Andernfalls wäre der Gleichheitsgrundsatz verletzt. So der Tenor des VfGH.

Mit § 49a Oö BauO 1994 wurde in Oberösterreich eine Sonderregelung geschaffen: Bei Gebäuden im Bauland oder im Hofbereich eines (ehemaligen) land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs können Abweichungen vom Baukonsens – auch hinsichtlich der Lage der Gebäude – als rechtmäßig festgestellt werden. Dies betrifft nicht nur Wohngebäude, sondern auch gewerblich genutzte Objekte und Immobilien.

Voraussetzung für die "Amnestie" ist, dass entweder eine Baubewilligung für das Gebäude erteilt wurde oder der Bestand eines Baukonsens vermutet werden kann. Außerdem müssen die Abweichungen seit einer bestimmten Zeit bestehen. Die Glaubhaftmachung dieses Umstands ist ausreichend. Die Feststellung der Rechtmäßigkeit erfolgt auf Antrag des Bauwerbers durch Bescheid des örtlich zuständigen Bürgermeisters oder Magistrats.

 

Verfassungsrechtliche Bedenken des VfGH

Die ursprüngliche Fassung des § 49a Oö BauO 1994 sah noch eine Mindestbestandsdauer von 40 Jahren vor. Diese Frist wurde im Zuge der Bauordnungsnovelle 2025 auf 25 Jahre verkürzt. Während der VfGH im Frühjahr 2025 eine Beschwerde gegen die alte Fassung des § 49a Oö BauO 1994 noch abgelehnt hatte, hat sich der Gerichtshof im Rahmen eines anderen Beschwerdeverfahrens mit der neuen Fassung des § 49a Oö BauO 1994 im Plenum auseinandergesetzt und mit Beschluss vom 07.10.2025, E 1875/2025-14, ein amtswegiges Gesetzesprüfungsverfahren eingeleitet.

Der VfGH hegt Bedenken hinsichtlich der Gleichheitskonformität. So könnte § 49a Oö BauO 1994 rechtswidrig Handelnde ohne sachliche Rechtfertigung besserstellen als rechtstreue Bauwerber. Kritisch sei insbesondere der Umstand, dass selbst gravierende Abweichungen von bewilligten Bauhöhen, Baumassen oder Abständen nach 25 Jahren legalisiert werden könnten. Zudem sei die Parteistellung der Nachbarn auf die bloße Prüfung der formalen Antragsvoraussetzungen beschränkt. Die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands könne der Nachbar hingegen nicht erzwingen. Im Gesetzesprüfungsverfahren wird der VfGH beurteilen, ob die Zielsetzung des § 49a Oö Bau 1994 (Rechtssicherheit und Befriedung langjähriger Konflikte) eine derart weitgehende Legalisierung rechtfertigt.

 

Mögliche Auswirkungen für die Immobilienwirtschaft

Die bevorstehende Entscheidungsfindung des VfGH könnte weitreichende Folgen haben. Nicht nur für Oberösterreich. Sollte der VfGH die oberösterreichische Regelung aufheben, müssten wohl auch andere Bundesländer ihre Bauordnungen überprüfen. Es wäre jedenfalls wünschenswert, wenn der VfGH konkrete Leitlinien vorgibt und präzisiert, unter welchen Voraussetzungen und innerhalb welcher Zeiträume eine nachträgliche Legalisierung verfassungsrechtlich zulässig sein kann. Damit könnte der bei Schwarzbautenregelungen wiederkehrende Trial-and-Error-Zyklus zwischen Landesgesetzgebern und VfGH ein Ende finden.

Maximilian
Klein

Associate

austria vienna

co-authors