you are being redirected

You will be redirected to the website of our parent company, Schönherr Rechtsanwälte GmbH : www.schoenherr.eu

Austria

This section of our crisis law info corner provides a comprehensive overview of crisis tools in the EU, concerning the so-called Internal Market Emergency, and in Austria, focusing on administrative proceedings, services of general interest, operational obligations, the law on operational facilities and public liability. You will also get insights into the toolsets that may be relevant for your business.

back contact us

 

 

Guide for SMEI and Austrian crisis law

Krisen sind omnipräsent. Die österreichische Bundesregierung präsentierte im Winter 2022 zwei Projekte in diesem Zusammenhang: Zum Ersten wurde ein Entwurf für ein Bundes-Krisensicherheitsgesetz (B-KSG) für Angelegenheiten des Bundes vorgestellt, das als Organisationsgesetz insbesondere eine (Bundes-)Krisendefinition, gesamtstaatliche Krisenkoordination und Klarstellungen zur Rolle des Bundesheeres beinhaltet und mit 19.01.2023 in eine sechswöchige Begutachtung ging. Zum Zweiten ließ die Regierung Stresstests durchführen, um Szenarien für ein mögliches Blackout in der österreichischen Stromversorgung im Winter 2022/2023 auszuloten. Für den Winter 2022/2023 schien ein Blackout-Szenario eher unwahrscheinlich. Jedoch ist das Risiko einer temporären Strommangellage bzw Lastunterdeckung insbesondere für den Winter 2023/2024 nicht auszuschließen, bedenkt man etwa die infolge der Trockenperioden reduzierte Stromproduktion aus Wasserkraft, die geringeren Gasimporte aus Russland und damit einhergehend bevorstehende leere Gasspeicher im Frühjahr 2023, oder den Wartungsbedarf von Kernkraftwerken in der EU, der Österreich als temporären Importeur von Strom ebenso trifft, wie auch sonstige unerwartete Problemszenarien.

 


Einleitung
Was ist eine Krise?
"Krisenklausel"
Stufenbau zur Regelung eines Krisenrechts

Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission zur Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt (SMEI)
Mangelndes EU-Krisenrahmenwerk als Anstoß
Stellenwert im EU-Krisenrecht und eingeschränkter Anwendungsbereich 
Regelungskonzept
Die drei Risikostufen
Unternehmer als unmittelbar Verpflichteter
Überblick über die sonstige Rolle von Unternehmern

Krisenrecht in Österreich – Zur Lösung von Krisen
Zivilrechtliche Grundsätze im Überblick
Quelle der Verpflichtung als Ausgangspunkt
Krisenbedingtes Einwirken auf einen Bescheid
Krisenmaßnahmen als (eingeschränkter) Grund für Amtshaftungsansprüche
Potenzielle Problemfelder

Zusammenfassung

 


 

Einleitung

Was ist eine Krise?

Für den Begriff der Krise gibt es im Recht keine allgemein gültige (verbindliche) Definition – insofern fehlt es an einem Krisenrecht als systematischen Ordnungssystem. Mit dem Begriff der Krise bezieht man sich auf ein sprachlich und folglich auch rechtlich nicht klar umrissenes Phänomen.

Hier soll mit dem Begriff der Krise ein unvorhergesehener ernsthafter Ausnahmezustand mit einer solchen Ressourcenknappheit erfasst sein, die rechtmäßiges Handeln für den Rechtsunterworfenen (faktisch und damit wirtschaftlich) unzumutbar macht. Dabei ist etwa daran zu denken, dass infolge einer solchen Krise ein Unternehmer seine Leistungen der Daseinsvorsorge und damit in Bereichen der kritischen Infrastruktur nicht erbringen, oder seine Betriebspflichten nicht einhalten kann, oder der Betrieb von seinen Anlagen beeinträchtigt ist.

Krisenklausel

Weder das Unionsrecht noch das österreichische Recht kennen genuine Bestimmungen für den Fall einer Krise (Krisenklauseln), die eine Derogation von Handlungspflichten für den Rechtsunterworfenen regeln. Dies überrascht nicht, bedenkt man, dass Krisen im hier verstandenen Sinn bis auf Ansätze in der COVID-19-Pandemie in den letzten Jahrzehnten nicht dominant waren, und demnach bis dato keiner horizontalen Regelung bedurften. Mangels[2] solcher prototypischer Krisenklauseln in den Rechtsordnungen sind Krisen in der Rechtsanwendung einzelfallbezogen zu beurteilen, um Eingriffe in bestehende oder künftige Handlungspflichten von Unternehmern zu prüfen.

Bemerkenswert ist, dass der (einfache) Materiengesetzgeber nach § 68 Abs 6 AVG ermächtigt ist, Behörden Befugnisse einzuräumen, um (allenfalls nach Erschöpfung des innergemeindlichen Instanzenzugs) bescheidförmige Rechte zurückzunehmen oder einzuschränken. Auch Rechtsansprüche für Parteien auf die Ausübung der behördlichen Befugnisse können normiert sein. Demnach sind Krisenklauseln, die behördliche Befugnisse in der Krise regeln, um Bescheidwirkungen krisenbedingt und auf Antrag eines Unternehmers zu ändern, nach § 68 Abs 6 AVG jederzeit zulässig.

Stufenbau zur Regelung eines Krisenrechts

Die Mitgliedstaaten sind allein zuständig, die nationale Sicherheit bzw öffentlichen Ordnung nach Art 347 AEUV bzw Art 4 Abs 2 EUV aufrechtzuerhalten. Krisen für die Daseinsvorsorge betreffen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die öffentliche Sicherheit, die Ausnahmen von den Grundfreiheiten für die Mitgliedstaaten rechtfertigen.[3]

Auf unionsrechtlicher Ebene sind jüngst Entwicklungen zu einem erstmalig horizontalen Krisenbewältigungsmechanismus im EU-Binnenmarkt festzustellen, die sich im Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission (EK) zur Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt (Single Market Emergency Instrument, im Folgenden: SMEI)[4] ausdrücken.

 

Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission zur Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt (SMEI)

Mangelndes EU-Krisenrahmenwerk als Anstoß

Rezente Krisen (COVID-19, Ukrainekrieg) haben den EU-Binnenmarkt beeinträchtigt. Adäquate unionsrechtliche Mechanismen zur Prävention und Bewältigung solcher Krisen fehlen. Die geltende sog Erdbeer-Verordnung (VO [EG] 2679/98)[5] schützt nur den freien Warenverkehr vor Behinderungen zwischen den Mitgliedstaaten und der von ihr geregelte Informationsaustausch zwischen der EK und den Mitgliedstaaten ist unpraktikabel und wird selten verwendet.

Um künftigen Krisen verschiedenster Art (Naturkatastrophen, geopolitische und globale wirtschaftliche Unsicherheiten) für den gesamten EU-Binnenmarkt effektiv entgegenzutreten, hat die EK einen unionsrechtlichen Krisenmechanismus vorgeschlagen. Der EK-Verordnungsvorschlag zum SMEI ist ein genereller Rechtsrahmen, der sektorenübergreifende Maßnahmen regelt, um Auswirkungen von Krisen im Binnenmarkt zu antizipieren, sich darauf vorzubereiten, oder darauf zu reagieren. Er soll die Grundfreiheiten sichern, Ressourcenknappheiten beseitigen und die Verfügbarkeit von sog krisenrelevanten Waren und Dienstleistungen bzw solche von strategischer Bedeutung sicherstellen. Dieses Regelungsziel soll durch ein dreistufiges Risikosystem (Notfallplanung, Binnenmarktüberwachung, Binnenmarkt-Notfall) mit unterschiedlichen EU-Maßnahmenkatalogen erfüllt werden.

Stellenwert im EU-Krisenrecht und eingeschränkter Anwendungsbereich

Mit sonstigen horizontalen (politischen) Kriseninstrumenten wie zB dem integrierten Krisenreaktionsmechanismus (Integrated Political Crisis Response Mechanism, IPCR) für die Präsidentschaft im Rat der EU und unionalen Zivil- bzw Katastrophenschutz (Union Civil Protection Mechanism, UCPM) soll der SMEI abgestimmt sein. Bestehende oder künftige sektoren- oder maßnahmenspezifische Kriseninstrumente sollen als Spezialbestimmungen Vorrang genießen. Vom Anwendungsbereich sind Arzneimittel, Medizinprodukte, andere medizinische Hilfsmittel, Halbleiter, Energieerzeugnisse, elektrischer Strom, Finanzdienstleistungen ausgenommen.[6]

Regelungskonzept

Übereinstimmend mit der geteilten Zuständigkeit zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten für verbindliche Rechtsakte zum EU-Binnenmarkt nach Art 4 Abs 2 AEUV und der ausschließlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, ihre nationale Sicherheit und grundlegenden Funktionen des Staates aufrechtzuerhalten, soll der SMEI keinen exklusiven Regelungsansatz verfolgen. Der SMEI soll vielmehr das kohärente Anwenden von Reaktionsmaßnahmen auf unionaler und mitgliedstaatlicher Ebene ermöglichen. Soweit ein Binnenmarkt-Notfall in Krisenzeiten und damit die höchste Risikostufe nach SMEI aktiviert ist, sind neue mitgliedstaatliche Maßnahmen nur beschränkt unionsrechtlich möglich.[7]

Der SMEI kennt drei Risikostufen – die Notfallplanung, die Binnenmarktüberwachung und den Binnenmarkt-Notfall. Die einzelnen Stufen des Risikos gehen mit einem jeweils gesteigerten Risiko für den Binnenmarkt einher. Die Binnenmarktüberwachung und der Binnenmarkt-Notfall können mit ihren jeweiligen Reaktionsmaßnahmen auf unterschiedliche Aspekte des Binnenmarkts auch zeitgleich von der EU aktiviert sein. Demnach regelt SMEI ein mehrstufiges Risikoszenario, wobei die einzelnen Stufen keine ausschließliche absolute Geltung beanspruchen.[8]

Zentrale Anlaufstellen und Verbindungsbüros auf Unionsebene und pro Mitgliedstaat sollen insb einem koordinierten Informationsaustausch auch gegenüber der Öffentlichkeit dienen und damit die Rechtssicherheit stärken.[9]

Die drei Risikostufen

Erste Stufe: Notfallplanung für den Binnenmarkt

Die Notfallplanung (Art 6 – Art 8 SMEI) ist als niedrigste Risikostufe ein permanenter Zustand, der durch keinen Durchführungsrechtsakt der EK oder des Rates zu aktivieren ist. Folgende EU-Maßnahmen sind vorgesehen:

  • Die EK ist (mittels delegierten Rechtsakts) ermächtigt, nach Anhörung der Mitgliedstaaten und unter Einbeziehung der zuständigen unionalen Einrichtungen (wie der neu geschaffenen Beratungsgruppe) Krisenprotokolle zu verabschieden. Diese Protokolle sollen die Regelungen nach SMEI ergänzen. Sie sollen für den gesamten Binnenmarkt insbesondere einen funktionierenden Informationsaustausch, eine koordinierte Zusammenarbeit (etwa durch Verwaltungsvereinbarungen auf Vorschlag der Beratungsgruppe) und Krisenkommunikation gegenüber der Öffentlichkeit zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten in den höheren Risikostufen vorab sicherstellen. Um das Funktionieren der Krisenprotokolle zu gewährleisten, kann die EK Stresstests und Evaluierungen durchführen und Anpassungen vorschlagen.
  • Ein Frühwarnsystem für potenzielle Bedrohungslagen des EU-Binnenmarkts soll eingerichtet werden. Warnungen sollen vom mitgliedstaatlichen Verbindungsbüro gegenüber der EK und den anderen mitgliedstaatlichen Verbindungsbüros ausgesprochen werden.

Mittlere Stufe: Überwachung des Binnenmarkts

Die mittlere Risikostufe als Überwachung des Binnenmarkts (Art 9 – Art 12 SMEI) dient der Bewältigung einer drohenden erheblichen Störung der Versorgung mit Waren und Dienstleistungen von strategischer Bedeutung, die sich innerhalb der nächsten sechs Monate zu einem Binnenmarkt-Notfall ausweiten könnte. Die Binnenmarktüberwachung soll bei entsprechendem Risiko unter Rücksicht auf die Stellungnahme der Beratungsgruppe durch einen Durchführungsrechtsakt der EK für höchstens sechs Monate aktiviert werden. Der Durchführungsrechtsakt hat die möglichen Auswirkungen einer Krise zu bewerten und eine Liste der betroffenen Waren und Dienstleistungen und der zu treffenden Überwachungsmaßnahmen zu beinhalten. Zu den Überwachungsmaßnahmen zählen

  • das mitgliedstaatliche Überwachen von Lieferketten durch unionsweit standardisierte und sichere digitale Informationsbeschaffung,
  • der (allenfalls verpflichtende) Aufbau strategischer Reserven mit umfassenden mitgliedstaatlichen Informationspflichten (laut einem weiteren EK-Durchführungsrechtsakt) und unter Rücksicht auf Bestände der einzelnen Unternehmer auf dem Staatsgebiet eines Mitgliedstaats, oder
  • das vereinfachte Beschaffen von Waren und Dienstleistungen durch die EK im Namen der Mitgliedstaaten.

Höchste Risikostufe: Binnenmarkt-Notfall

Erst die höchste Risikostufe, der Binnenmarkt-Notfall (Art 13 – Art 33 SMEI), knüpft an das Vorliegen einer „Krise“ an. Dabei wird die Krise[10] als ein außergewöhnliches, unerwartetes und plötzliches, natürliches oder vom Menschen verursachtes Ereignis außergewöhnlicher Art und außergewöhnlichen Ausmaßes, das sich innerhalb oder außerhalb der Union ereignet, beschrieben. Der Binnenmarkt-Notfall setzt weitreichende Auswirkungen einer Krise auf dem Binnenmarkt voraus, die ernsthaft den freien Verkehr im Binnenmarkt oder das Funktionieren der Lieferketten stören, die für die Aufrechterhaltung essenzieller gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Tätigkeiten auf dem Binnenmarkt unerlässlich sind. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die EK unter Rücksicht auf die Stellungnahme der Beratungsgruppe dem Rat vorzuschlagen, den Binnenmarkt-Notfall durch Annahme eines Durchführungsrechtsakts zu aktivieren. Wiederum ist eine (verlängerbare) Dauer von höchstens sechs Monaten für die Aktivierung vorgesehen. Ein Durchführungsrechtsakt der EK hat darauf aufbauend krisenrelevante Waren und Dienstleistungen, die zur Bewältigung einer Krise erforderlich sind, aufzulisten. Die möglichen Krisenmaßnahmen sind entsprechend dem Regelungsziel einerseits Maßnahmen, um die Grundfreiheiten aufrechtzuerhalten und andererseits Maßnahmen, um die Verfügbarkeit krisenrelevanter Waren und Dienstleistungen sicherzustellen. Zu letzteren zählen verbindliche Auskunftsersuchen der EK gegenüber Unternehmern und verbindliche vorrangige Aufträge für Unternehmer. Abgesehen von diesen beiden Maßnahmen gelten folgende Grundzüge des EU-Krisenmaßnahmenkatalogs:

  • Grundsätze, um Grundfreiheiten zu erleichtern und wiederherzustellen, wie (absolute und relative) Verbote neuer mitgliedstaatlicher Beschränkungen der Grundfreiheiten,
  • zügige mitgliedstaatliche Meldung von ihren Beschränkungen an die EK, die (i) diese online veröffentlichen soll, (ii) Unternehmer von solchen Meldungen, soweit sie nicht vertraulich sind, informieren soll und (iii) Mitgliedstaaten auf die Unionsrechtswidrigkeit ihrer geplanten oder bereits bestehenden Beschränkungen – vorbehaltlich ihres Initiativrechts für ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art 258 AEUV – aufmerksam machen soll,
  • Errichten zentraler Anlaufstellen für Unternehmer auf unionaler und mitgliedstaatlicher Ebene, um Informationen über unionales oder mitgliedstaatliches Krisenrecht und Hilfe in dessen Anwendung zu ermöglichen,
  • Ausnahmen von harmonisierten Produktvorschriften, die die EK mit einem Durchführungsrechtsakt angesichts von Versorgungsengpässen krisenrelevanter Waren unter strengen Verhältnismäßigkeitserwägungen festlegen kann,
  • Empfehlungen der EK unter Rücksicht auf eine Stellungnahme der Beratungsgruppe, unionsweit strategische Reserven gezielt und koordiniert zu verteilen, soweit die aufgebauten mitgliedstaatlichen strategischen Reserven unzureichend sind, um damit das effizienteste Verwenden von Reserven unionsweit sicherzustellen,
  • Empfehlungen an Mitgliedstaaten, für eine Verfügbarkeit und Bereitstellung krisenrelevanter Waren durch erweiterte oder umgewidmete Produktionskapazitäten oder beschleunigte Genehmigungsverfahren zu sorgen, oder
  • vereinfachtes Beschaffen krisenrelevanter Waren und Dienstleistungen durch die EK im Namen der Mitgliedstaaten.

Unternehmer als unmittelbar Verpflichteter

Unternehmer können im Binnenmarkt-Notfall unionsrechtlich unmittelbar verpflichtet sein. Zu Auskünften[11] und vorrangigen Aufträgen[12] kann die EK Unternehmer verpflichten. Diese Handlungspflichten bedürfen einer doppelten Aktivierung.[13] Dafür ist ein Durchführungsrechtsakt der EK aufbauend auf die Aktivierung des Binnenmarkt-Notfalls durch den Rat erforderlich. Die sonstige Funktionsweise der Handlungspflichten ist ähnlich. Bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Zuwiderhandeln kann die EK gegen den Unternehmer Geldbußen verhängen.[14] Für die Strafbarkeit von Verstößen gilt gegen eine verpflichtende Auskunft eine zweijährige, gegen einen vorrangigen Auftrag eine dreijährige Verjährungsfrist.

Verbindliche Auskunftsersuchen

Bei (unmittelbar drohenden) schweren krisenbedingten Engpässen kann die EK Unternehmer in krisenrelevanten Lieferketten ersuchen, ihr freiwillig innerhalb einer bestimmten Frist Informationen über (i) die Produktionskapazitäten für die kommenden drei Monate, (ii) mögliche Bestände an krisenrelevanten Waren und deren Bestandteilen in den Produktionsanlagen der Union und in den Anlagen in Drittländern, die sie betreibt, unter Vertrag hat oder von denen sie Lieferungen bezieht, sowie (iii) etwaige Störungen der Lieferkette zu übermitteln.

Erfüllen Unternehmer die an sie gerichteten Auskunftsersuchen nicht freiwillig fristgerecht und ohne taugliche Rechtfertigung dafür, kann sie die EK in weiterer Folge durch einen Durchführungsrechtsakt zu einer Auskunft verpflichten. Der Aktivierungsakt hat klar die krisenrelevanten Waren und Dienstleistungen, betroffenen Unternehmer und erforderlichen Informationen zu nennen. Mustervorlagen für das Auskunftsersuchen können dazu bereitgestellt werden. An jeden einzelnen säumigen Unternehmer laut Durchführungsrechtsakt richtet die EK sodann einen Beschluss, in dem auf das zugrundeliegende verpflichtende Auskunftsersuchen entsprechend dem Durchführungsakt, den Verpflichtungsgrund, den erforderlichen Umfang des individuellen Auskunftsersuchens und die Reaktionsfrist, den Schutz der Daten und Geschäftsgeheimnisse, den Rechtsschutz vor dem EuGH und auf die Strafdrohungen bei Verstößen hinzuweisen ist. Die EK kann die erforderlichen Informationen zudem von den Mitgliedstaaten, die Listen von Unternehmern in krisenrelevanten Lieferketten zu führen haben, einholen.

Soweit gegen ein verbindliches Auskunftsersuchen durch unrichtige, unvollständige, irreführende oder verspätete Auskunft verstoßen wird, kann die EK eine Geldbuße von bis € 200.000 verhängen.

Vorrangige Aufträge

Die EK kann Unternehmer in krisenrelevanten Lieferketten mit Sitz in der Union auffordern, bestimmte Aufträge für die Herstellung oder Lieferung krisenrelevanter Waren anzunehmen und vorrangig zu behandeln („vorrangige Aufträge“). Sofern der Unternehmer diesen Auftrag nicht freiwillig erfüllt, kann die EK die Notwendigkeit eines verbindlichen Auftrags unter Rücksicht auf Stellungnahmen der Betroffenen prüfen. Unter außergewöhnlichen Umständen kann die EK im Anschluss daran einen Durchführungsrechtsakt an den betreffenden Unternehmer richten und ihn auffordern, die darin festgelegten vorrangigen Aufträge (zu einem angemessenen Preis) entweder zu akzeptieren und ihnen Vorrang einzuräumen, oder zu erläutern, warum dies für den Unternehmer nicht möglich oder angemessen ist.

Innerhalb von zehn Tagen nach Bekanntgabe des Durchführungsbeschlusses kann der Unternehmer vorrangige Aufträge insbesondere wegen

  • unzureichender Produktionskapazitäten,
  • eines ernsthaften Risikos, einer besonderen Härte oder wirtschaftlichen Belastung, oder
  • anderer vergleichbar schwerwiegender Gründe, einen vorrangigen Auftrag zu erfüllen,

ablehnen.

Ein verbindlicher vorrangiger Auftrag muss unerlässlich sein, um essenzielle gesellschaftliche oder wirtschaftliche Tätigkeiten im Binnenmarkt aufrecht zu erhalten. Das Erfüllen vorrangiger Aufträge hat Vorrang vor privat- und öffentlich-rechtlichen Leistungspflichten und entbindet, soweit es erforderlich ist, von einer Haftung nach mitgliedstaatlichem Recht.

Abhängig von der Art der Verletzung eines verbindlichen vorrangigen Auftrags kann die EK eine Geldbuße von bis zu € 200.000 oder 1% des Gesamtumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres verhängen.[15]

Überblick über die sonstige Rolle von Unternehmern

Unternehmer können als Beobachter in der Beratungsgruppe teilnehmen.[16] Sie sind einer der Gründe für die Inanspruchnahme des Frühwarnsystems in der Notfallplanung.[17] Über die wichtigsten Unternehmer für Waren und Dienstleistungen von strategischer Bedeutung (laut Aktivierungsakt) haben Mitgliedstaaten zur Binnenmarktüberwachung ein Verzeichnis zu erstellen.[18] Im Binnenmarkt-Notfall sollen bestimmte Geschäftsreisen (zwecks Forschung und Produktion krisenrelevanter Güter, oder Geschäftstätigkeiten, die von Krise nicht betroffen sind, und sicheres Reisen zulassen, oder krisenrelevanten Dienstleistungen) ungeachtet einer Krise möglich sein.[19]

 

Krisenrecht in Österreich – Zur Lösung von Krisen

  • Zivilrechtliche Grundsätze im Überblick

Der Schwerpunkt dieser Untersuchung liegt nicht zuletzt angesichts der Formenwahlfreiheit in der Daseinsvorsorge, die eigens unten diskutiert wird,[20] auf öffentlich-rechtlichen Instrumenten.

Vollständigkeitshalber ist für Zivilrechtssachen (betreffend die Privatwirtschaftsverwaltung) der Irrtum über Zukünftiges, die nachträgliche Unmöglichkeit und der Wegfall der Geschäftsgrundlage, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestand und unverschuldet und unvorhergesehen weggefallen ist, hervorzuheben. Mit diesen Gestaltungsrechten können Vertragsparteien einzelfallabhängig (zivilrechtliche) Verträge anfechten und aufheben oder zumindest anpassen und sich somit in Krisen von ihren vertraglichen Pflichten lösen.

Zu achten ist dabei auf die rechtzeitige Geltendmachung und damit auf das Einhalten der unterschiedlichen Verjährungsfristen, die teilweise schon vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu laufen beginnen. Neben der Verjährungseinrede hat sich der Unternehmer insbesondere auf folgende Einwände der Gegenpartei vorzubereiten:

  • Einwand gegen den Irrtum über Zukünftiges: Vorliegen eines unbeachtlichen Motivirrtums
  • Einwand gegen die nachträgliche Unmöglichkeit, den Wegfall der Geschäftsgrundlage oder gegen die außerordentliche Kündigung: Unmöglichkeit / Wegfall / Kündigungsgrund ist vom Unternehmer zu vertreten bzw verschuldet; Ausschluss der Institute nach Maßgabe einer force-majeure Vereinbarung

Betreffend Dauerschuldverhältnissen (wie Unternehmenspachtverträgen) ist zusätzlich die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund wie krisenbedingter zufälliger Unbrauchbarkeit des Vertragsgegenstands, oder schwerwiegenden Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse oder schicksalhaften Entwicklungen bzw Elementarereignissen, die nicht in der Sphäre der kündigenden Person begründet liegen, und jeweils eine Fortsetzung des Vertrags unzumutbar machen, zu erwähnen. Die Unzumutbarkeit der Vertragserfüllung und damit der Erfolg einer solchen Auflösungserklärung sind streng am Zweck des konkreten Vertrags zu beurteilen. Die erfolgreiche Kündigung beendet (un-)befristete Vertragsverhältnisse mit sofortiger (ex-nunc) Wirkung.

Ist jedoch bereits im Vertrag höhere Gewalt als ein von außen einwirkendes elementares Ereignis, das auch durch die äußerst zumutbare Sorgfalt nicht zu verhindern war, und keine typische Betriebsgefahr ist,[21] berücksichtigt (sog force-majeure Klausel), kann sich ein Unternehmer bei Krisen wie im vorliegenden Sinn darauf erfolgsversprechend berufen. Ob die Berufung auf eine force-majeure Klausel tatsächlich erfolgreich ist, ist vom Vorliegen ihrer Voraussetzungen und damit von ihrer konkreten vertraglichen Ausgestaltung und der Auslegung im Einzelfall abhängig. In force-majeure Klauseln sind üblicherweise (unverzügliche) Warnpflichten, Rücktrittsrechte, der Entfall von Leistungspflichten oder Haftungsausschlüsse vereinbart.

Letztlich ist auf die Schadensminderungsobliegenheit hinzuweisen, die einen Unternehmer treffen könnte und deren Verletzung gekürzte Schadenersatzansprüche für den Unternehmer bedeuten.

Quelle der Verpflichtung als Ausgangspunkt

Diese zivilrechtlichen Grundsätze sind nur bedingt auf das nachfolgend zu besprechende öffentliche Recht übertragbar. Die Rechtsfrage bleibt die gleiche: „Wie kann ich mich als Unternehmer von Pflichten angesichts der Krise lösen?“ Der Ausgangspunkt für eine Antwort darauf muss in der (Rechts-)Quelle für die Verbindlichkeit liegen. Angelehnt an die klassische dreigliedrige Gewaltenteilung kommen daher Akte der Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit oder Verwaltung als eine solche Quelle für Verbindlichkeiten, die es einzuschränken gilt, in Frage.

Der Befund zur Lösung von Krisen in Österreich gilt für (private) Unternehmer gleichermaßen wie für sog öffentliche Unternehmen, bei denen unmittelbar der Staat bzw dessen Gebietskörperschaften selbst unternehmerisch tätig sind (zB als Eigen- oder Regiebetriebe) oder durch ein Unternehmen, das er faktisch oder rechtlich beherrscht, am Wirtschaftsleben teilnimmt.

Betreffend das Gesetzesrecht ist bereits das Fehlen von Krisenklauseln“ und deren mögliche Grundlage in § 68 Abs 6 AVG für den Materiengesetzgeber festgestellt.[22] Unabhängig davon kann ein Unternehmer unter engen Voraussetzungen einen sogenannten Individualantrag an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) mit der behaupteten Verletzung von übergeordnetem Recht stellen. Der Unternehmer muss darin behaupten, unmittelbar durch die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes (oder die Gesetzeswidrigkeit einer Verordnung) in seinen Rechten verletzt zu sein und das Gesetz (die Verordnung) muss für den Unternehmer ohne gerichtliche Entscheidung und ohne Bescheid wirksam geworden sein.[23] Speziell im Kontext von Krisen ist an eine Verfassungswidrigkeit von Gesetzen, die durch einen unverhältnismäßigen gesetzlichen Eingriff in verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte eines Unternehmers begründet ist, zu denken.

Für das Einwirken auf Entscheidungen in der Gerichtsbarkeit des Öffentlichen Rechts vor dem Verwaltungsgericht (VwG)[24], Verwaltungsgerichtshof (VwGH) und VfGH kommt die Wiederaufnahme des Verfahrens nach den jeweiligen Verfahrensvorschriften in Frage. Die inhaltliche Nähe der Vorschriften über die Wiederaufnahme (begründet mit sog „nova-reperta“) in der Gerichtsbarkeit und im Verwaltungsverfahren lässt es zu, nachfolgende Gedanken zur Wiederaufnahme nach § 69 AVG[25] auf die Gerichtsbarkeit sinngemäß zu übertragen. Insofern liegt fortan der Fokus auf dem Bescheid als individuellem hoheitlichem Rechtsakt, der im Außenverhältnis gegenüber Rechtsunterworfenen von einer Verwaltungsbehörde erlassen wird. Ihn gilt es, krisenbedingt überhaupt zu verhindern, oder in seinen Pflichten einzuschränken oder vollständig zu beseitigen.

Krisenbedingtes Einwirken auf einen Bescheid

Abhängig vom Stand des Verfahrens – laufendes (Beschwerde-)Verfahren, Bescheiderlassung, oder Rechtskraft des Bescheids bzw der Entscheidung – sind die Lösungen für Unternehmer zu konzipieren.

Einwirken auf eine nicht rechtskräftige Entscheidung

In einem laufenden Verfahren vor der Verwaltungsbehörde oder einem Beschwerdeverfahren vor dem VwG ist eine Krise als unvorhergesehenes Ereignis in den maßgeblichen Sachverhaltsermittlungen, um die Verwaltungssache erledigen zu können, von der Behörde von Amts wegen festzustellen und zu berücksichtigen. Parteien sind dazu zu hören. Dieses permanente und einfache Einwirken auf einen bevorstehenden Bescheid und Spruch eines erlassenen Bescheids gilt bis zum Eintritt der (formellen) Rechtskraft einer Entscheidung, die deren Unanfechtbarkeit durch den Adressaten des Bescheids (mit ordentlichen Rechtsmitteln) bedeutet. Konkret soll die formelle Rechtskraft, sofern kein Beschwerdeverzicht, keine Beschwerderücknahme oder kein ungenutzter Ablauf der Beschwerdefrist gegeben ist, mit dem Erlass der die Sache erledigenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Rahmen des Bescheidbeschwerdeverfahrens eintreten. Außerhalb davon wird der (unangefochtene) Bescheid (formell) rechtskräftig.

Fazit: Die Krise ist von der Behörde bis zu einer formell rechtskräftigen Entscheidung in ihren Ermittlungen für den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu berücksichtigen. Für den Unternehmer empfiehlt es sich für seine prozessuale Mitwirkungspflicht als Partei, die für ihn geänderte Sachlage proaktiv vorzubringen.

Einwirken auf eine rechtskräftige Entscheidung

Das Gewährleisten des durch die Rechtskraft gesicherten Bestands eines Bescheids und damit die Rechtssicherheit ist wesentlicher als die umfassende Rechtsrichtigkeit eines Bescheids. Mit Vorliegen eines (formell) rechtskräftigen Bescheids können auf Antrag einer Partei nur bestimmte qualifizierte Rechtswidrigkeiten ausnahmsweise eine Abänderung der Entscheidung nach §§ 69 ff AVG erzwingen und damit ihre Rechtskraft durchbrechen. Auch die Bindung der Behörde an ihren Bescheid, die grundsätzlich[26] mit dessen Erlass eintritt, schränkt Anregungen von Parteien, krisenbedingte Mängel zu beseitigen, auf enge Ausnahmen von der Bindungswirkung von Bescheiden nach § 68 AVG ein, die zudem längstens bis zu einer erledigenden Entscheidung des VwG gelten.

Nachfolgend werden die Tatbestände „Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigung“, „tatsächliche Undurchführbarkeit“ und „nova-reperta“ (neu hervorgekommene Tatsachen) als gesetzliche Gründe zur Abänderung, Nichtigerklärung oder Aufhebung mit ex-nunc Wirkung von (materiell oder formell rechtskräftigen) Bescheiden auf ihre Tauglichkeit für das Lösen von krisenbedingten Problemen für Unternehmer untersucht. Soweit ersichtlich sieht dafür das Materienrecht zurzeit nur vereinzelt[27] geeignete behördlichen Befugnisse vor, durch eigene Grenzen der Rechtskraft oder sonstige Formen von deren Durchbrechung (wie Widerrufsbestimmungen) krisenbedingte Probleme zu lösen.

  • Zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen notwendig und unvermeidlich“ (§ 68 Abs 3 AVG): Unter „schweren volkswirtschaftlichen Schädigungen“ sind Beeinträchtigungen volkswirtschaftlicher (nicht hingegen privatwirtschaftlicher) Belange von ernster Bedeutung für die allgemeine Wohlfahrt zu verstehen. Es muss sich dabei um eine konkrete Schädigung der Volkswirtschaft handeln, die entweder schon eingetreten, aber noch reversibel, oder unmittelbar zu befürchten ist. Die tatsächlichen Auswirkungen müssen einen unerträglichen Nachteil für die Allgemeinheit bedeuten und sie allein und nicht eventuelle Rechtswidrigkeiten des rechtskräftigen Bescheids sind ausschlaggebend.

Fazit: Eine Anregung zur Abänderung oder Aufhebung eines Bescheids durch Unternehmer scheint auf Basis dieser Ausnahmebestimmung nur in extremen Ausnahmefällen von Krisen erfolgsversprechend. Dazu müssten die krisenbedingten Probleme eines einzelnen Unternehmers der gesamten österreichischen Volkswirtschaft einen konkreten Schaden zufügen und das Einwirken auf den Bescheid müsste zur Abwehr der spezifischen Schädigungen notwendig und unvermeidlich sein.

  • Tatsächlich undurchführbarer Bescheid“ (§ 68 Abs 4 Z 3 AVG): Ein tatsächlich undurchführbarer Bescheid liegt etwa vor, wenn der Bescheid eine Leistung (Handeln/Unterlassen) zum Gegenstand hat, deren Erbringung dem Verpflichteten faktisch unmöglich ist, weil die Leistung (i) nicht im Weg obrigkeitlichen Zwangs bewirkt werden kann, (ii) sich nachträglich als tatsächlich undurchführbar erweist, also an objektiven Hindernissen, die der Erfüllung der aufgetragenen Verpflichtung entgegenstehen, scheitert, (iii) der Partei nicht bloß tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten begründet, oder (iv) die Partei nicht nur finanziell überfordert.

Fazit: Die Ressourcenknappheit nach der vorliegenden Krisendefinition bedeutet ein objektives Hindernis für den Unternehmer, das einen tatsächlich undurchführbaren Bescheid bewirkt. Der Unternehmer als Partei des Verwaltungsverfahrens kann bei der zuständigen Oberbehörde eine Nichtigerklärung (Vernichtung ex-nunc) anregen.

  • Neu hervorgekommene Tatsachen – nova-reperta“ (§ 69 Abs 1 Z 2 AVG): Es besteht ein Anspruch einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens, sofern neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruchs anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Die neu hervorgekommenen Tatsachen müssen spätestens im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids (bescheidmäßiger Beendigung des wiederaufzunehmenden Verfahrens) vorliegen, erst nach formeller Rechtskraft bekannt werden und entscheidungsrelevante Umstände im Hauptinhalt des Spruchs derart betreffen, dass sie, wären sie seinerzeit berücksichtigt worden, voraussichtlich zu einer anderen als der tatsächlich getroffenen Entscheidung geführt hätten. Der Antrag auf (wie auch eine amtswegige) Wiederaufnahme ist nur befristet an die bescheiderlassende Behörde (in erster Instanz) zulässig. Binnen zwei Wochen ab Kenntnis der neu hervorgekommenen Tatsache (frühestens ab Zustellung der Ausfertigung) und spätestens binnen drei Jahren nach Erlassung des Bescheids muss die Wiederaufnahme losgetreten werden. Die zweiwöchige subjektive Frist ist unter den Voraussetzungen nach § 71 AVG restituierbar. Der Antrag hat zudem keine aufschiebende Wirkung. Eine Wiederaufnahmeverfügung durch die bescheiderlassende Behörde (in letzter Instanz) bewirkt ein Außerkrafttreten (ex-tunc) des im wiederaufgenommenen Verfahren in der Sache erlassenen Bescheids.

Fazit: Sofern die Krise im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits vorgelegen ist und dem Unternehmer als neue Tatsache erst nach Rechtskraft der Entscheidung bekannt wird bzw hervorkommt, hat der Unternehmer seinen Antrag auf Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens spätestens drei Jahre nach (schriftlicher/mündlicher) Bescheiderlassung unter engen Voraussetzungen zu stellen: (i) Dem Unternehmer darf kein Verschulden iSd § 1294 ABGB an der (späten) Kenntnis der neuen Tatsachen treffen. Bereits seine leicht fahrlässige Unwissenheit – unabhängig von einem (Mit-)Verschulden der Behörde – ist schädlich. (ii) Binnen (nur) zwei Wochen ab dem Zeitpunkt der Kenntnis der neuen Tatsache hat der Unternehmer grundsätzlich die Wiederaufnahme bei der zuständigen[28] Behörde zu beantragen. Diesbezüglich gilt die fehlende Angabe vom Zeitpunkt der Kenntnis der neuen Tatsache als ein nicht verbesserungsfähiger Mangel über die Angabe der Rechtzeitigkeit. (iii) Der Unternehmer hat eigeninitiativ die Eignung der neu hervorgekommenen Tatsachen schlüssig darzulegen, dass sie mit (zumindest) „einiger“ oder „hoher“ Wahrscheinlichkeit im wiederaufzunehmenden Verfahren zu einem anderslautenden Bescheid geführt hätten und daher auch im wiederaufgenommenen Verfahren führen werden.

Von neu hervorgekommenen Tatsachen („nova-reperta“) sind nach der Rechtsprechung die nach einem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren neu entstandenen Tatsachen oder Beweismittel (sog „nova-producta“ oder „nova-causa-superveniens“) zu unterscheiden. Neu entstandene Tatsachen gestatten dem Betroffenen, einen neuen (verfahrenseinleitenden) Antrag zu stellen und damit eine neue Entscheidung (in der Sache) zu begehren, die einen früheren Bescheid (zumindest materiell) derogieren kann. Eine Krise, die als eine solche neu entstandene Tatsache erfasst wird, ist die letzte Möglichkeit, um krisenbedingte Probleme für Unternehmer als Bescheidadressaten zu lösen. Dazu muss die Krise eine neue Tatsache sein, die nach Eintritt der formellen Rechtskraft entsteht und vom Umfang der (materiellen) Rechtskraft der entschiedenen Sache nicht umfasst ist. Als neue Tatsache hat die Krise zumindest einen für die Vorentscheidung maßgebend erachteten tatsächlichen Umstand zu ändern. Insofern muss sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid abgewiesenen Begehren dadurch unterscheiden, dass es für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache nicht bloß unwesentliche Nebenumstände modifiziert. Demnach verliert die Sache – gemessen am Spruch des Bescheids und am materiellen Recht – ihre Identität, wenn in den entscheidungsrelevanten Fakten (oder Normen) wesentliche, dh die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheids ermöglichende oder gebietende Änderungen eintreten.

Fazit: Sofern die Krise als eine neue Tatsache nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens entsteht und aufgrund ihrer wesentlichen Änderung der Sachlage einen anders lautenden Bescheid zumindest ermöglicht, kann der Unternehmer eine neue Entscheidung beantragen. Ob solche wesentlichen Änderungen der Sachlage vorliegen, ist von der Behörde einzelfallbezogen anhand der Krise gemessen an der Vorentscheidung zu beurteilen. Demnach kann deren Bescheidspruch die Sache, um deren Identität es geht, derart einschränken, dass jederzeit eine neue Sachentscheidung möglich und zulässig scheint. Die Behörde hat im zweiten (jüngeren) Bescheid allenfalls die Krise als wesentlichen Umstand zu ermitteln und in der Erledigung der Verwaltungssache zu würdigen. Der zweite Bescheid kann inhaltlich anders als der bisherige (frühere) lauten und insoweit letzteren auch inhaltlich zugunsten, aber auch zulasten des Unternehmers abändern.

Krisenmaßnahmen als (eingeschränkter) Grund für Amtshaftungsansprüche

Folgende Frage soll hier beantwortet werden: „Worauf hat ein Unternehmer zu achten, wenn er einen Schadenersatzanspruch (zB Verdienstentgang) gegen den Staat wegen (hoheitlichen) rechtswidrigen Handelns zur Krisenbewältigung geltend macht?“

Dazu ist (neuerlich) die Natur des schadensverursachenden Verhaltens vorab festzustellen, um den Rechtsschutz des Unternehmers zu bestimmen.

Nach § 1 Amtshaftungsgesetz (AHG) haften der Bund, die Länder, die Gemeinden, sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts und die Träger der Sozialversicherung nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts für den Schaden am Vermögen oder an der Person, den die als ihre Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten wem immer schuldhaft zugefügt haben; dem Geschädigten haftet das Organ nicht. Der Schaden ist nur in Geld zu ersetzen. Neben dieser Haftpflicht für hoheitliches Verhalten von Organen nach dem AHG können Schäden aus legislativem Unrecht nach unionsrechtlichen Grundsätzen über die Staatshaftung und Schäden im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung über den ordentlichen Rechtsweg (vor ordentlichen Zivilgerichten) geltend gemacht werden.

Hier soll die Amtshaftung in Krisen diskutiert werden. Ausgehend von der Beschreibung der Amtshaftung in § 1 AHG und den Elementen einer (zivilrechtlichen) Schadenersatzprüfung als Schaden, Kausalität, Rechtswidrigkeit und Verschulden muss sich das Augenmerk eines Unternehmers auf (i) das schadensbegründende staatliche Handeln, (ii) dessen Rechtswidrigkeit und (iii) das Verschulden des Organs richten.

  • Zum (kausalen, rechtswidrigen) hoheitlichen Verhalten zählen Verordnungen, Bescheide oder Maßnahmen von Verwaltungsbehörden, schlicht hoheitliches Handeln in Form von Realakten (zB vorläufigen Zwangsmaßnahmen) wie auch Entscheidungen der (Verwaltungs-)Gerichtsbarkeit. Aus Erkenntnissen des VfGH, Obersten Gerichtshofs (OGH) und VwGH kann jedoch ein Ersatzanspruch nicht abgeleitet werden. Eine Haftpflicht besteht ferner nicht, soweit der Geschädigte den Schaden im Rechtsschutzweg hätte abwenden können.
  • Eine anspruchsbegründende (objektive) Rechtswidrigkeit von Bescheiden oder Verordnungen einer Verwaltungsbehörde und von Entscheidungen der VwG darf vom Amtshaftungsgericht (zuständigen Landesgericht) nicht beurteilt werden. Es hat allenfalls einen Feststellungsantrag an den VwGH (sog Amtshaftungsbeschwerde) oder einen Verordnungsprüfungsantrag an den VfGH zu stellen.
  • Ganz besonders hat der Unternehmer auf das (subjektive) Verschulden des rechtswidrig handelnden Organs zu achten. Maßstab für das Verschulden ist die einzelfallbezogene Frage nach der Vertretbarkeit der Rechtsauffassung vom handelnden Organ, die ausschließlich das Amtshaftungsgericht zu beurteilen hat. Dabei kommt es stets darauf an, ob die vom Organ getroffene Entscheidung bei pflichtgemäßer Überlegung als vertretbar anzusehen ist. Zur Rechtsprechung des OGH zu „einer noch nie dagewesenen Krisensituation“[29], konkret zur ersten Phase der COVID-19 Pandemie, und demnach zu einer Krise, wie sie für den vorliegenden Beitrag zur Diskussion steht, oder überhaupt zu „schwer durchschaubaren Situationen“ ist festzuhalten, dass umso außergewöhnlicher die faktischen, zeitlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen sind, desto geringer sind die Anforderungen an ein Organ für ein ex-ante betrachtet, situationsbezogen vertretbares und damit allenfalls zwar rechtswidriges, aber subjektiv nicht vorwerfbares Verhalten. Gerade ein krisenbedingter großer Zeitdruck beim hoheitlichen Handeln zur Krisenbewältigung, neuerdings auch beim Erlass von Verordnungen anerkannt, hat das Amtshaftungsgericht in seinen Erwägungen über die zumutbaren Anforderungen an das hoheitliche Handeln in der konkreten Situation und damit in seine Entscheidung über eine vertretbare Rechtsauffassung miteinzubeziehen. Für das rechtliche Krisenumfeld ist die Schwere der Rechtswidrigkeit zu beachten. Gibt es zum ex-post betrachtet rechtswidrigen Verhalten des Organs zum Zeitpunkt seines Handelns nur unklare rechtliche Verhaltensmaßstäbe, etwa wegen einem ad-hoc neu geschaffenen Krisenrecht[30] oder weil eindeutiges (zwingendes) übergeordnetes Recht oder klarstellende Rechtsprechung fehlen, so dürfen auch in dieser Hinsicht die Anforderungen an das handelnde Organ (ex-ante betrachtet) nicht überspannt werden.

Fazit: Eine erfolgreiche Amtshaftungsklage von einem Unternehmer gegen staatliche Krisenmaßnahmen hat besondere Hürden zu überwinden. Neben den ohnehin strengen Prozessvoraussetzungen (zusätzlich zum vorgeschalteten Aufforderungsverfahren) nach dem AHG[31] würdigt die Rechtsprechung das Vorliegen von Krisen tendenziell großzügig als Entschuldigungsgrund für ein rechtswidriges Verhalten des Organs, und damit im Ergebnis als eine einzelfallbezogen vertretbare Rechtsauffassung. Demnach ist die Quintessenz für ein Obsiegen des Unternehmers in seinem Krisen-Amtshaftungsverfahren mit seinem Vorbringen (bereits in erster Instanz!) vor dem Amtshaftungsgericht seiner Behauptungs- und Beweislast nachzukommen, um für möglichst gewöhnliche – faktische und rechtliche – Rahmenbedingungen zu plädieren und hiermit die Anforderungen an eine vertretbare Rechtsauffassung für das Organ zu steigern.

Potenzielle Problemfelder

Daseinsvorsorge

Leistungen der Daseinsvorsorge oder Dienste von allgemeinem (wirtschaftlichen) Interesse sind Vorsorgeleistungen, die im Interesse der Allgemeinheit erbracht werden und mit Gemeinwohlpflichten der Mitgliedstaaten verbunden sind, um einen universalen Zugang zu elementaren Grundbedürfnissen (durch private Unternehmer) auch bei unrentablen Umständen zu gewährleisten. Sie betreffen Teile der sog kritischen Infrastruktur[32].

Die zunehmend umfangreichen sekundärrechtlichen Richtlinien (i) zu den sogenannten „gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen“ (betreffend Strom, Gas) von Unternehmern, die für letztere Pflichten im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse wie die Versorgungssicherheit, Qualität und Preis der Versorgung diskriminierungsfrei vorschreiben, und (ii) zur Pflicht zur „Grundversorgung“ (betreffend Strom, Gas) oder zum „Universaldienst“ (betreffend Telekommunikation, Post), um Verbrauchern (Haushaltskunden, Endnutzern) eine leistbare Versorgung tatsächlich zu gewährleisten, sind in §§ 5, 77 ElWOG, §§ 5, 124 GWG, §§ 106 ff TKG, §§ 6 ff PMG umgesetzt. Sie sehen für die universelle Versorgung einen finanziellen Ausgleich vor. Die Gewährleistungsverantwortung des Staates für die Daseinsvorsorge am liberalisierten Markt soll durch diese Regeln ausgestaltet sein. Nun stellt sich die Frage: Kann sich ein Unternehmer als Erbringer von solchen im allgemeinen Interesse gelegenen Dienstleistungen krisenbedingt befreien?

Ansätze zu (krisenbedingten) Unzumutbarkeitsbestimmungen für solche Gemeinwohlpflichten sind beinahe nicht zu finden. Art 46 ErdgasBMRL erlaubt mitgliedstaatliche Schutzmaßnahmen bei plötzlichem Auftreten von „Marktkrisen im Energiesektor“. Einzig § 6 Abs 1 PMG bestimmt unter anderem für den Universaldienst von Postdiensten: „Die Verpflichtung zur Erbringung des Universaldienstes besteht nicht, soweit allgemeine Notstände die Postbeförderung hindern.“ Eine Krise kann ein solcher allgemeiner Notstand sein, weil eine Ressourcenknappheit eine objektive Notstandssituation für alle Unternehmer bedeutet, die von dieser Ressource abhängen. Für einen Fall nach § 68 Abs 6 AVG fehlen die expliziten behördlichen Befugnisse.

Zu Leistungen der Daseinsvorsorge gegenüber dem Empfänger ist ein Unternehmer nach dem Grundsatz iSd Art 36 GRC, den Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zu achten, nicht verpflichtet. Als ein primärrechtlicher Grundsatz iSd Art 52 Abs 5 GRC räumt er Empfängern keine individuellen Leistungs- oder Zugangsrechte ein.

Fazit: Das (weitgehende) Fehlen von Krisenklauseln[33] in der Daseinsvorsorge erfordert für die Lösung krisenbedingter Probleme von Unternehmern, auf die Quelle ihrer Pflichten abzustellen und demnach die Instrumente für die Lösung zu bestimmen. Insofern ist zum einen auf die oben diskutierten Instrumente aus dem Zivilrecht zurückzugreifen, soweit sich unternehmerische Pflichten aus zivilrechtlichen Verträgen, wie etwa aus Energielieferverträgen gegenüber Endverbrauchern im Rahmen der allgemeinen Anschlusspflicht oder aus Verträgen über Kommunikationsdienste gegenüber Endnutzern, ableiten. Zum anderen sind öffentlich-rechtliche Instrumente anzuwenden, soweit Pflichten in der Versorgerkette bescheidmäßig normiert sind, wie dies etwa auf einen von der Post-Control-Kommission erlassenen Übertragungsbescheid an einen Universaldienstbetreiber nach §§ 12, 40 PMG oder auf einen von der RTR erlassenen Bescheid an einen Anbieter von Kommunikationsdiensten zum (zwingenden) Auftrag eines Universaldienstes nach § 107 Abs 5 ff TKG zutrifft.

Betriebspflichten

Bezeichnend bezwecken Betriebspflichten, einen Betrieb tatsächlich, dauerhaft und ununterbrochen aufrecht zu erhalten. Als eine direkte (hoheitliche) Wirtschaftslenkungsmaßnahme sollen sie die Versorgung der Bevölkerung mit grundlegenden Gütern oder Dienstleistungen, oder das Funktionieren von Einrichtungen im allgemeinen Interesse durch eine Marktkorrektur sichern. Sie stellen einen Grundrechtseingriff für den privaten Unternehmer oder das öffentliche Unternehmen dar. Die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs ist mit dem Überwiegen seiner Rechtfertigung gegenüber der Schwere des Eingriffs gegeben. Nach der Rechtsprechung des VfGH sind Betriebspflichten angesichts des überwiegenden besonderen öffentlichen Interesses am aufrechten Betrieb in der Regel verhältnismäßig. Dabei ist die Verhältnismäßigkeit von Betriebspflichten durch eine Abwägung vom (sachlichen/zeitlichen) Umfang der Betriebspflichten und damit von der Schwere ihres Eingriffs in die Entscheidungsfreiheit des Unternehmers mit dem Gewicht der Rechtfertigung, die beispielsweise in der Versorgungssicherheit, in funktionierenden Strukturen (für eine Anstaltspflege) oder in einem geordneten Wettbewerb liegen kann, zu bestimmen.

Die Grundrechtsrelevanz bei Betriebspflichten gilt es auch zu beachten, soweit es um Ausgestaltung der Enthebung von Betriebspflichten geht. Die Enthebung von Betriebspflichten etwa wegen Vorliegens einer Krise bestimmt sich nach der Grundlage für die Betriebspflicht. Eine Betriebspflicht kann gründen in

  • einem zivilrechtlichen Vertrag, insoweit sind zur Enthebung davon zivilrechtliche Gestaltungsrechte anzuwenden,
  • einem (Konzessions-)Bescheid, insoweit sind die oben[34] diskutierten Instrumente zum Einwirken auf Bescheide anzuwenden, oder
  • einer generell-abstrakten außenwirksamen Vorschrift (Gesetz/Verordnung), die unmittelbar Betriebspflichten regelt.

Eine Enthebung von der letzten Kategorie, den gesetzlichen Betriebspflichten, lässt sich nach den dazu geltenden Bestimmungen wie folgt systematisieren: Überwiegend sind absolute Betriebspflichten geregelt, die keine gesetzlichen Gründe für Ausnahmen kennen.[35] Bestimmte Materien sehen relative Betriebspflichten vor, deren Enthebung eine Anzeige[36] oder Genehmigung[37] voraussetzt. Die Genehmigung einer Enthebung knüpft teilweise an gesetzliche Kriterien wie (wirtschaftliche) Unzumutbarkeit oder fehlendes öffentliches Interesse an. Für die übrigen Fälle, in denen Kriterien für das behördliche Ermessen über die Enthebung fehlen, bestimmt der VfGH für eine grundrechtskonforme Ausgestaltung der Betriebspflicht, dass innerhalb einer angemessenen Frist über die Genehmigung der Enthebung zu entscheiden ist. Die dauerhafte Verweigerung einer solchen Genehmigung ist demnach ausgeschlossen.

Fazit: Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Verletzung (der Regeln über die Enthebung) von Betriebspflichten eine Verwaltungsstrafe und sogar den (behördlichen) Entzug oder das (gesetzliche) Erlöschen der Konzession begründen kann.

In Krisensituationen sind (gesetzliche) relative Betriebspflichten, deren Enthebung eine fristgerechte, begründete Anzeige voraussetzt, vorteilhaft. Mit der Anzeige an die Behörde kann der Betrieb (sofort) unterbrochen werden, was Krisen typischerweise erfordern. Anhand der Begründung in der Anzeige über den Grund, Dauer und Umfang von der Enthebung ist eine nachträgliche Kontrolle ihrer Rechtmäßigkeit möglich. Hingegen ist es nachteilig, eine Genehmigung für die Enthebung von Betriebspflichten in Krisensituationen zu erfordern. Das behördliche Verfahren über den Antrag auf Genehmigung der Enthebung schließt nicht nur eine sofortige Unterbrechung zeitgleich mit der Antragstellung aus, sondern erschwert darüber hinaus eine gerade in Krisen erforderliche rasche Enthebung. Die gesetzlichen Genehmigungskriterien sind unterschiedlich zu bewerten: Die (wirtschaftliche) Unzumutbarkeit als Ausnahme von der Betriebspflicht ist auf eine Krise ideal zugeschnitten. Ob aus einer Krise ein fehlendes öffentliches Interesse am ununterbrochenen Betrieb abzuleiten ist, ist hingegen einzelfallbezogen zu beurteilen.

Anlagenrecht

Krisenbedingt kann der Inhaber einer Anlage gezwungen sein, ihren Betrieb einzuschränken oder zu unterbrechen, oder sie gar aufzulassen. Dazu sollen die Bestimmungen über Anlagen nach dem Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) und über gewerbliche Betriebsanlagen nach der Gewerbeordnung (GewO) untersucht werden.

  • Abfallwirtschaftsgesetz
    Bereits im Genehmigungsbescheid für eine Anlage ist jedenfalls ein Stilllegungsplan, der unter anderem Maßnahmen für die Unterbrechung des Betriebs festlegt, von der Behörde zu bestimmen.
    Die Unterbrechung des Betriebs einer Behandlungsanlage (wie auch die Einschränkung der genehmigten Kapazitäten, die – endgültige – Auflassung der Behandlungsanlage oder die – endgültige – Stilllegung einer Deponie) ist mit Einlangen einer Anzeige bei der zuständigen Behörde wirksam. Zwar kann der Inhaber der Behandlungsanlage damit rasch, ohne einen rechtskräftigen (Kenntnisnahme-)Bescheid der Behörde zwingend abzuwarten, den Betrieb unterbrechen. Reichen jedoch die von ihm zur Wahrung der Genehmigungsvoraussetzungen iSd § 43 AWG getroffenen Maßnahmen nicht aus, hat die Behörde die dazu erforderlichen Aufträge nachträglich bescheidförmig zu erteilen. Dabei ist zu beachten, dass neben den öffentlichen Interessen auch die subjektiven Interessen Dritter zu wahren und dass im konzentrierten Anzeigeverfahren nach dem AWG weitere bundes- und landesrechtliche Materien mitanzuwenden sind.

    Die Anzeigepflicht ermöglicht der Behörde, die fünfjährige Frist für das Erlöschen einer Genehmigung für den Betrieb der Anlage zu kontrollieren. Für das Erlöschen kraft Gesetzes ist eine Unterbrechung aller für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teile der Behandlungsanlage für mehr als fünf Jahre erforderlich; dieses Kriterium ist ab dem Zeitpunkt der Anzeige der Unterbrechung wegen der krisenbedingten Probleme einzelfallbezogen zu beurteilen. Weiters erlischt die Genehmigung, sofern nicht binnen fünf Jahren nach rechtskräftiger Genehmigung in zumindest einem für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil deren Betrieb aufgenommen wurde. Auf Krisen scheint das AWG dabei passend vorbereitet zu sein: Unvorhergesehene Schwierigkeiten erlauben vor Fristablauf, um längstens zwei Jahre eine Verlängerung der Frist für die Unterbrechung des Betriebs oder zur Inbetriebnahme zu beantragen.[38] Wiederholte Anträge auf Fristverlängerung sind explizit nicht ausgeschlossen.

    Fazit: Ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht von Unterbrechungen des Betriebs einer Behandlungsanlage oder gegen nachträgliche Aufträge zur Wahrung der Genehmigungsvoraussetzungen ist mit einer Geldstrafe bedroht. Der Versuch ist straffrei. Um Verwaltungsübertretungen vorzubeugen, hat der Inhaber einer Behandlungsanlage (trotz Krisenzeiten) darauf zu achten, die Anzeige ordnungsgemäß und möglichst vollumfänglich zu erstatten. Soweit eine sofortige Unterbrechung des Betriebs einer Anlage rein faktisch erzwungen ist und sie damit objektiv zwingend vor einem Einlangen der Anzeige eintritt, kann der Inhaber sein schuldloses und damit strafloses Verhalten mit der faktischen Unzumutbarkeit des Fortbetriebs glaubhaft machen.[39] Um dem drohenden Erlöschen einer Betriebsgenehmigung wegen fünfjährigen Nichtbetriebs entgegenzuwirken, ist ein (wiederholter) Antrag auf Fristverlängerung vom Inhaber einer Behandlungsanlage in Krisenzeiten erfolgsversprechend. Krisen scheinen ein idealtypischer Anwendungsfall für unvorhergesehene Schwierigkeiten zu sein.
  • Gewerbeordnung
    Genauer betrachtet hat das Gewerberecht wenig mit dem soeben dargelegten AWG-Recht in den Regeln über krisenbedingte Einschränkungen oder Unterbrechungen des Betriebs von Anlagen oder ihre Auflassung gemeinsam. Gleich geschalten sind nur das ipso-iure Erlöschen von der Genehmigung einer Anlage und dessen Gründe. Im Übrigen schafft die GewO für Inhaber einer gewerblichen Betriebsanlage ein ausdifferenziertes System zur Krisenbewältigung, das Lockerungen von (rechtskräftigen) Genehmigungsbescheiden und unterschiedliche Formen der Betriebsunterbrechung – abhängig von Umfang, Auswirkungen und Ursache – kennt und getrennt davon die endgültige Auflassung der Betriebsanlage regelt. Als Spezifikum der GewO sind parallel zum Betriebsanlagenrecht die Rechtsfolgen durch das Nichtausüben eines Gewerbes auf die berufsrechtliche Gewerbeberechtigung zu beachten.
  • Gewerbeberechtigung:
    Soweit wegen der Unterbrechung des Betriebs einer gewerblichen Betriebsanlage ein Gewerbetreibender ein (bestimmtes) Gewerbe nicht ausübt, ist ihm unter bestimmten Voraussetzungen nach frühestens drei Jahren die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen. Für manche Gewerbe ist es darüber hinaus geboten, die Einstellung oder Unterbrechung bzw das Ruhen der Gewerbeausübung der Gewerbebehörde vorab fristgerecht anzuzeigen. Schließlich kann der Entzug der Gewerbeberechtigung (auch) durch eine Ruhensanzeige (für die gesamte Gewerbeberechtigung pro Betriebsstätte) an die Wirtschaftskammer nicht verhindert werden. Die Anzeige bewirkt keine Hemmung des Fristenlaufs vom Nichtausüben des Gewerbes, sie indiziert nur dessen Nichtausüben und bezweckt Ausnahmen von der Pflichtversicherung iSd GSVG oder Kammerumlage iSd WKG.

    Fazit: Die Nichtausübung eines Gewerbes kann nach mindestens drei Jahren zu einem Ende der Gewerbeberechtigung für den Gewerbetreibenden führen. Um (kumulierte)[40] Geldstrafen (neben überflüssigen Beiträgen) zu vermeiden, hat der Gewerbetreibende bei Betriebsunterbrechungen, die auch ein Nichtausüben eines Gewerbes bedeuten, die (verschiedenen) Anzeigepflichten vom Ruhen (wie auch von der Wiederaufnahme) seiner Gewerbeausübung zu bedenken.
  • Betriebsanlagenrecht:
    Im Genehmigungsbescheid für gewerbliche Betriebsanlagen sind (bloß) erforderlichenfalls Auflagen als Maßnahmen für die Unterbrechung des Betriebs und Auflassung der Anlage zu bestimmen.
    Das besagte ausdifferenzierte System zur Krisenbewältigung nach rechtskräftigem Genehmigungsbescheid bettet sich gut in Krisensituationen ein und gestaltet sich wie folgt:
    Abhängig vom sachlichen und zeitlichen Umfang der Unterbrechung, vom Ausmaß der beeinträchtigten Schutzgüter und von der Ursache der Unterbrechung kann eine Krise alle drei Formen der Betriebsunterbrechung einer gewerblichen Betriebsanlage iSd § 80 GewO erfüllen:
    - Bei einer gänzlichen oder teilweisen Betriebsunterbrechung hat der Inhaber (im zivilrechtlichen Sinn) einer genehmigten Betriebsanlage die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstige nachteilige Einwirkungen nach 74 Abs 2 GewO zu vermeiden. Reichen diese Vorkehrungen nicht aus, so hat die zuständige Genehmigungsbehörde (Bezirksverwaltungsbehörde) bescheidförmige Vorkehrungen aufzutragen. Ihre Verletzung ist mit einer Geldstrafe bedroht.

    Fazit: Eine Anzeige der Betriebsunterbrechung an die Genehmigungsbehörde ist nicht erforderlich, soweit die Betriebsunterbrechung voraussichtlich bis zu einem Jahr dauern wird und keinen für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Anlage betrifft. Die Wesentlichkeit eines Anlagenteils iSd § 80 GewO ist vom Inhaber objektiv, funktionell, nicht quantitativ und danach zu beurteilen, welche Einrichtungen seiner Anlage deren Zweck in entscheidender Weise nach der (ursprünglichen) Genehmigung erfüllen.

    - Sofern die („gewöhnliche oder geplante“) Betriebsunterbrechung zumindest einen für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Anlage betrifft und voraussichtlich länger als ein Jahr dauern wird, hat der Inhaber einer genehmigten Betriebsanlage innerhalb eines Monats nach Eintritt der Betriebsunterbrechung, sie und die notwendigen Vorkehrungen für die nach § 74 Abs 2 GewO wahrzunehmenden Schutzinteressen an die Genehmigungsbehörde anzuzeigen. Reichen die angezeigten Vorkehrungen nicht aus, hat die Behörde die notwendigen Vorkehrungen mit Bescheid dem Inhaber aufzutragen.

    Fazit: Der Gewerberechtsgesetzgeber räumt dem Inhaber der Anlage eine Anzeigefrist für die (bereits vorgenommene) Betriebsunterbrechung ein. Dieser Ansatz eines nachträglichen schriftlichen Anbringens an die Behörde als Folge der krisenbedingten Betriebsunterbrechung entspricht den Anforderungen an eine Krisenbewältigung besser als die Vorschrift nach § 51 AWG, erst mit Einlangen der Anzeige eine Betriebsunterbrechung vorzunehmen. Verletzungen der Anzeigepflicht oder behördlichen Aufträge nach § 80 GewO sind mit Geldbußen bedroht. Um solchen (kumulativen) Verwaltungsübertretungen vorzubeugen, hat der Inhaber eine möglichst umfassende Anzeige innerhalb der nicht erstreckbaren Monatsfrist zu erstatten. Dies ist auch dann empfehlenswert, wenn der aktuelle Zustand der Krise den sachlichen und zeitlichen Umfang der von ihr verursachten Betriebsunterbrechung nicht vernünftig abschätzen lässt.

    - Durch Elementarereignisse oder sonstige besondere Umstände bewirkte („ungeplante“) Betriebsunterbrechungen, einschließlich vollständige Zerstörung der Anlage, hat der Inhaber einer genehmigten Betriebsanlage der Genehmigungsbehörde unverzüglich anzuzeigen, wenn er Grund zur Annahme haben muss, dass betriebliche Vorkehrungen nicht ausreichen, um die Schutzinteressen nach § 74 Abs 2 GewO zu wahren oder Belastungen der Umwelt im Sinne des § 69a GewO zu vermeiden. Die Behörde hat dem Inhaber allenfalls die notwendigen (strafbewehrten) Vorkehrungen bescheidförmig aufzutragen.

    Fazit: Diese letzte Form der Betriebsunterbrechung nach der GewO kennt die engsten Voraussetzungen und bedeutet mit ihrer unverzüglichen, strafbewehrten Anzeigepflicht die strengste Folge für den Inhaber. Mit einer Krise ist ein besonderer, ungeplanter Umstand anzunehmen. Die voraussichtliche Dauer der Betriebsunterbrechung ist nicht entscheidend, sondern die begründete Annahme des Inhabers, seine (geplanten) betrieblichen Vorkehrungen seien allein nicht ausreichend, um Schutzgüter zu sichern. Die einzelfallbezogene Prognose des Inhabers impliziert wohl auch die Wesentlichkeit des unterbrochenen Anlageteils. Eine Krise vermag auch die Schwere der Betriebsunterbrechung für Schutzgüter bedeuten, die überbetriebliche behördliche Vorkehrungen erfordert.

Bei krisenbedingten Betriebsunterbrechungen hat der Inhaber der Betriebsanlage situationsbezogen den Anforderungen an eine der drei Formen der Betriebsunterbrechung zu entsprechen.

Weiters kann der Inhaber einer Betriebsanlage eine Durchbrechung des rechtskräftigen Genehmigungsbescheids bei der Genehmigungsbehörde gem § 79c GewO beantragen. Dazu muss der Antragsteller der Behörde glaubhaft machen, dass Abweichungen von vorgeschriebenen Auflagen im Genehmigungsbescheid oder sogar vom Genehmigungsbescheid einschließlich seiner (Haupt-)Bestandteile geboten sind, um den nach § 74 Abs 2 GewO wahrzunehmenden Interessen ausreichend zu entsprechen. Die Behörde hat darüber bescheidförmig unter Rücksicht auf zulässigerweise mitanzuwendende Bundesmaterien und außerhalb eines Änderungsgenehmigungsverfahrens zu entscheiden.

Fazit: Hiermit ist dem Inhaber einer Betriebsanlage in der Krise ein Anspruch eingeräumt, dass die Behörde über krisenbedingte Änderungen von Umständen, die Lockerungen von Inhalten des Bescheids zulassen sollen, entscheidet und damit ausnahmsweise in die Bestandskraft von seinem rechtskräftigen Bescheid eingreifen kann.

Schließlich ist auf die Auflassung einer Anlage nach § 83 GewO hinzuweisen. Ob eine faktische Einstellung des Betriebs einer Anlage eine solche (endgültige) Auflassung der Anlage oder eine (temporäre) Unterbrechung des Betriebs der Anlage iSd § 80 GewO ist, richtet sich nach dem hinter der Betriebseinstellung liegenden Willen des Inhabers der Betriebsanlage, der im Zweifel amtswegig von der Genehmigungsbehörde zu bestimmen ist. Im Fall einer Auflassung beabsichtigt der Anlageninhaber eine endgültige Aufhebung der Widmung der Anlage nach dem ursprünglichen Betriebszweck. Das Anzeigeverfahren und die betrieblichen Vorkehrungen sind ähnlich wie für Betriebsunterbrechungen geregelt und deren Verstoß unterliegt Strafsanktionen. Bemerkenswert ist jedoch, dass eine Anzeige vor Beginn der Auflassung und der Vorkehrungen erforderlich ist und dass das Ende der (teilweisen oder gänzlichen) Auflassung und das Erlöschen der Anlagengenehmigung (erst) mit Rechtskraft eines Feststellungsbescheids über die ordnungsgemäße Auflassung eintritt.

Gleich wie im AWG ist das Erlöschen einer Betriebs(anlagen)genehmigung in § 80 Abs 1 S 1 GewO geregelt: Die Genehmigung der Betriebsanlage erlischt (ohne entsprechender behördlicher Feststellung), wenn der Betrieb der Anlage nicht binnen fünf Jahren nach erteilter (rechtskräftiger) Genehmigung in zumindest einem für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Anlage (objektiv tatsächlich) aufgenommen oder durch mehr als fünf Jahre in allen für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teilen der Anlage unterbrochen wird. Die Gewerbehörde hat (gleichermaßen) die Frist für die Inbetriebnahme und Betriebsunterbrechung auf Antrag des Inhabers wegen unvorhergesehener (etwa technischer) Schwierigkeiten (wie Krisen) zu verlängern. Die Höchstfrist von insgesamt sieben Jahren, die eine Fristenverlängerung um insgesamt höchstens zwei Jahre zulässt, ist jedoch ein wesentlicher Unterschied zum AWG. Eine erloschene Betriebsanlagengenehmigung steht einer Wiederaufnahme des Betriebs gegebenenfalls nach einem neuerlichen Antrag auf Anlagengenehmigung nicht entgegen. Ein Fortbetrieb trotz des Erlöschens der Genehmigung, das einem Rechtsverlust ex-lege gleicht, ist mit einer Geldstrafe bedroht.

 

Zusammenfassung

Eine Auseinandersetzung mit dem Thema Krise lässt ein zwiespältiges Resultat zu. Es fehlen eine (einheitliche) Begriffsdefinition wie überhaupt ein in sich geschlossenes Krisenrecht als Ordnungssystem. Umgekehrt wundert dies nicht, weil Krisen im hier verstandenen Sinn bis dato kaum bis überhaupt nicht praxisrelevant waren. Interessanterweise lassen sich sowohl in Verfahrensordnungen als auch in den Materien selbst durchaus solide Ansätze zur Bewältigung einer Krise finden.

Fußnoten

 

[1]     Autor Andreas Lopatka-Sint veröffentlicht demnächst eine umfassende (wissenschaftliche) Fassung dieses Beitrags (inkl zahlreichen Literatur- und Judikaturzitaten) in der MANZ-Fachzeitschrift ZfRV (https://www.manz.at/produkte/zeitschriften/zfrv).

[2]     Vgl aber (tw) durch COVID-19-Sammelnovellen vereinzelt eingeführte oder novellierte Sonderbestimmungen für "Krisensituationen", zB § 94d AMG, § 8 Abs 9 ApoG, § 23 AWEG, § 42f KAkuG, § 81 MPG.

[3]     EuGH 13.05.2003, C-463/00, EK/Spanien, ECLI:EU:C:2003:272, Rn 71.

[4]     Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr 2679/98 des Rates, COM (2022) 459 final vom 19.09.2022 (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=COM:2022:459:FIN; abgerufen am 25.11.2022).

[5]     Die Verordnung war eine Reaktion auf schwerwiegende Hindernisse, die in den 1990er Jahren im Handel landwirtschaftlicher Erzeugnisse (vor allem Erdbeeren, Tomaten und Wein) nach Frankreich vorlagen.

[6]     Art 2 SMEI.

[7]     Art 16 f SMEI.

[8]     Art 14 Abs 1 SMEI.

[9]     Art 5, Art 21 f SMEI.

[10]    Art 3 SMEI.

[11]    Art 24 f SMEI.

[12]    Art 27 SMEI.

[13]    Art 23 SMEI.

[14]    Art 28 SMEI.

[15]    Art 28 SMEI.

[16]    Art 4 SMEI.

[17]    Art 8 SMEI.

[18]    Art 11 SMEI.

[19]    Art 17 SMEI.

[20]    Siehe Pkt 3.5.1.

[21]    COVID-19-Krise als höhere Gewalt, vgl dazu OGH 22.12.2021, 3 Ob 189/21x; generell zur höheren Gewalt OGH 19.12.2000, 1 Ob 93/00h, OGH 27.05.2019, 1 Ob 66/19s.

[22]    Vgl oben Pkt 1.2.

[23]    Vgl Art 140 Abs 1 Z 1 lit c, Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG.

[24]    Vgl § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG, der sinngemäß ident wie § 69 Abs 1 Z 2 AVG lautet.

[25]    Eine Wiederaufnahme iSd § 69 AVG ist nach § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren zulässig; beachte zudem Sonderbestimmungen zur Abänderung von Bescheiden in §§ 52 f VStG.

[26]    Im innergemeindlichen Instanzenzug tritt die Bindungswirkung (erst) mit dessen Erschöpfung ein, vgl §§ 63, 68 AVG.

[27]    Vgl zB § 79c GewO.

 

[29]    OGH 18.05.2022, 1 Ob 75/22v Rz 10.

[30]    Vgl dazu illustrativ Leissler/Lopatka, COVID-19-Recht1.05 (Stand 06.04.2022, rdb.at), Cudlik/Lopatka, Amtshandlungen in der COVID-19-Lockerungsphase, ecolex 2020, 587.

[31]    Beachte dazu insb §§ 1, 2, 6, 11 AHG.

[32]    Vgl dazu zB § 74 Abs 1 Z 11 StGB, § 22 Abs 1 Z 6 SPG, Art 2 RL 2008/114/EG über die Ermittlung und Ausweisung europäischer kritischer Infrastrukturen und die Bewertung der Notwendigkeit, ihren Schutz zu verbessern, ABl L 2008/345, 75.

[33]    Vgl bereits Pkt 1.2.

[34]    Siehe Pkt 3.3.

[35]    Vgl zB § 2 BG Austro Control GmbH, § 2 BBU-G, § 2 BHAG-G, § 31d Bundesstatistikgesetz, § 7 FBG, § 21 GSpG, § 3 IEF-Service-GmbH-Gesetz, § 44 LFG, § 9 Studentenheimgesetz, § 10 Wasserstraßengesetz.

[36]    Vgl zB § 35 Abs 3 KAKuG, § 13 ApoG, § 47 GWG.

[37]    Vgl zB § 35 Abs 2 KAKuG; § 24 KflG, § 75 LFG, §§ 2, 28 EisbG, §§ 47 ff MinroG.

[38]    § 55 Abs 2, Abs 3 AWG.

[39]    Vgl § 5 Abs 1 VStG.

[40]    § 22 Abs 2 VStG.

 

[1]     Krisen(-prävention und -bewältigung) sind [laut B-VG] eine Annexmaterie zu einer Bundes- oder Landeskompetenz (für Gesetzgebung oder Vollziehung). Maßnahmen iZm Krisen sind der Vollzug des jeweiligen Kompetenztatbestands in solchen Sondersituationen. Das B-KSG ist ein Organisationsgesetz des Bundes, das die Bundesverwaltung bindet und woran sich die Bundesländer und Gemeinden beteiligen können. Dies solle im Sinne des kooperativen Föderalismus (vgl dazu etwa Lopatka, Die Stellung der österreichischen Bundesländer in der unionalen Rechtsetzung (2020) 5, 20, 36 f, 46, 322) geschehen. Die fehlende Generalkompetenz für Krisen bedeutet, dass konkrete Maßnahmen für den Krisenfall vom jeweiligen Materiengesetzgeber zu regeln und von den zuständigen Behörden zu vollziehen sind [noch nicht zitierfähig, weil noch nicht veröffentlicht; vgl dazu ErläutRV zu B-KSG AT 1 ff, 17].

[2]     § 2 B-KSG: „Droht unmittelbar oder entsteht durch ein Ereignis, eine Entwicklung oder sonstige Umstände in Bereichen, in denen dem Bund die Gesetzgebung und Vollziehung zukommt, eine Gefahr außergewöhnlichen Ausmaßes für das Leben und die Gesundheit der Allgemeinheit, die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Inneren, die nationale Sicherheit, die Umwelt oder das wirtschaftliche Wohl, deren Abwehr oder Bewältigung die unverzügliche Anordnung, Durchführung und Koordination von Maßnahmen im Zuständigkeitsbereich des Bundes dringend erforderlich macht, liegt eine Krise vor. Unberührt davon bleiben die Fälle der militärischen Landesverteidigung.“ [noch nicht zitierfähig, weil noch nicht veröffentlicht]

[3]     https://bmi.gv.at/news.aspx?id=7A2F4A45616F656838584D3D (abgerufen am 21.11.2022).

[4]     https://www.apg.at/stromnetz/sichere-stromversorgung-1/ (abgerufen am 21.11.2022).

[5]     Vgl etwa Khakzadeh-Leiler, Recht und Krise, in Aigner et al (Hrsg), Recht und Krise (2016) 1 (1, 3, 13); Kienast, Krise, juridikum 2021, 357.

[6]     Vgl Heintze, Völkerrechtliche Aspekte des Notstandsrechts, in Zwitter (Hrsg), Notstand und Recht (2012) 47.

[7]     Dazu bereits FN 1.

[8]     Vgl Fister, Staatsnotstandsrecht in Österreich, in Zwitter (Hrsg), Notstand und Recht (2012) 160; zu Grundrechten in der Krise: Bußjäger, Die Rangordnung der Grundrechte in der Krise, JRP 2021, 251; Fister, Grundrechte in der Krise, Österreichisches Anwaltsblatt 2020, 406; Steinbichler, Rechtsschutz in Krisenzeiten: Garantien der EMRK, JRP 2021, 239.

[9]     Vgl landesrechtliche Katastrophenhilfe- und Krisenmanagementgesetze mit Definitionen für „Katastrophe“ (W-KKG, NÖ KHG, K-KHG, OÖ KatSchG, TKKMG, Stmk Katastrophenschutzgesetz, Bgld Katastrophenhilfegesetz, Vlbg Katastrophenhilfegesetz, Sbg Katastrophenhilfegesetz).

[10]    Vgl Müller, Versorgungssicherungsrecht, in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht4 (2019) 1773.

[11]    Vgl Art 347, Art 52 iVm 62 AEUV; dazu etwa Roeder, Staatsnotstand im Recht der Europäischen Union, in Zwitter (Hrsg), Notstand und Recht (2012) 82.

[12]    Storr, Die Verfassung staatlicher Wirtschaftstätigkeit, in Holoubek/Kahl/Schwarzer (Hrsg), Wirtschaftsverfassungsrecht (2022) 573 (583).

[13]    Vgl aber (tw) durch COVID-19-Sammelnovellen vereinzelt eingeführte oder novellierte Sonderbestimmungen für "Krisensituationen", zB § 94d AMG, § 8 Abs 9 ApoG, § 23 AWEG, § 42f KAkuG, § 81 Medizinproduktegesetz.

[14]    Rosenkranz in Rosenkranz/Kahl (Hrsg), AVG (2021) § 68 Rz E 160 ff.

[15]    VwSlg 15.385 A/2000.

[16]    § 68 Abs 7 AVG (argumentum e contrario); vgl dazu zB § 79c GewO.

[17]    EuGH 13.05.2003, C-463/00, EK/Spanien, ECLI:EU:C:2003:272, Rn 71.

[18]    Vgl zur Auslegung von diesen Kompetenzen Leidenmühler in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 347 AEUV Rz 22 (Stand 1.6.2022, rdb.at); Streinz, EUV3 (2018) Art 4 Rz 18; vgl auch 6. Erwgrd VO (EG) 2679/98 über das Funktionieren des Binnenmarkts im Zusammenhang mit dem freien Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten.

[19]    Die Richtlinie war eine Reaktion auf schwerwiegende Hindernisse, die in den 1990er Jahren im Handel landwirtschaftlicher Erzeugnisse (vor allem Erdbeeren, Tomaten und Wein) nach Frankreich vorlagen.

[20]    Erläut zum EK-Verordnungsvorschlag SMEI 9.

[21]    Art 1 SMEI.

[22]    Vgl Art 2 Abs 4 SMEI.

[23]    Art 2 SMEI.

[24]    8. Erwgrd SMEI; Art 2 Abs 8 SMEI.

legal updates

country all
legal areas and industries all