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22 March 2020
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Auswirkungen der COVID-19-Krise auf Verjährungsfristen

Das 2. COVID-19 Gesetz, das nach der Kundmachung im Bundesgesetzblatt (BGBl 16/I/2020) mit Beginn des 22.03.2020 in Kraft getreten ist, enthält auch ein Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz.

Dort findet sich in § 2 auch eine materiell-rechtlich bedeutsame Bestimmung: Die Zeit vom Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes am 22.03.2020 bis zum Ablauf des 30.04.2020 wird in die Zeit, in der bei einem Gericht eine Klage oder ein Antrag zu erheben oder eine Erklärung abzugeben ist, nicht eingerechnet.

Damit tritt eine Hemmung von Fristen für die Anrufung des Gerichts bis zum Ablauf des 30.04.2020 ein. Der Lauf der Frist zur Geltendmachung eines Rechts wird daher entweder um den Zeitraum vom Inkrafttreten bis zum 30.04.2020 verlängert (wenn die Frist schon begonnen hat) oder beginnt erst mit 01.05.2020 zu laufen (wenn der Beginn der Frist nach Inkrafttreten des Gesetzes liegt). Die Verjährung wird somit hinausgeschoben, der Umstand, dass schon ein Teil der Verjährungszeit abgelaufen ist, verliert seine Bedeutung nicht.

Wenn nun beispielsweise die Frist für die Geltendmachung eines Gewährleistungs- oder Schadenersatzanspruchs regulär am 31.03.2020 auslaufen würde und daher eine Klage spätestens an diesem Tag bei Gericht eingelangt sein muss, liegen zwischen diesem Tag und dem Inkrafttreten des Gesetzes 10 Tage. Diese laufen erst ab dem 01.05.2020 (erster Tag nach Ende der Hemmung) weiter. Der letzte Tag für das Einlangen der Klage bei Gericht ist daher der 10.05.2020.

Entsteht beispielsweise ein Gewährleistungs- oder Schadenersatzanspruch zwischen dem 22.03.2020 und dem 30.04.2020, beginnt die gesetzliche Verjährungsfrist von zwei oder drei Jahren erst mit 01.05.2020 zu laufen und endet somit am 30.04.2022 oder 30.04.2023.

Abgeänderte Gewährleistungsfristen

Die Parteien können vereinbaren, die Gewährleistungsfristen zu verkürzen oder zu verlängern. Die Fortlaufhemmung der Gewährleistungsfristen erfasst alle von den Parteien getroffenen Dispositionen. Der Zeitraum zwischen dem 22.03.2020 und dem 30.04.2020 ist somit unabhängig von der Länge der Gewährleistungsfrist auch bei einer vertraglichen Änderung der Dauer als fristverlängernd zu beachten.

Gesetzliche Regelungen, dass bei Geltendmachung in einer gewissen Frist ein gewisser Umstand als vorliegend angenommen wird (Vermutungsregeln)

Nach § 924 Satz 2 ABGB wird das Vorliegen des Mangels im Zeitpunkt der Übergabe vermutet, wenn er innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe hervorkommt. Zweck dieser Bestimmung ist es, dem Käufer den Beweis des Vorliegens eines Mangels nicht erst bei der Geltendmachung, sondern schon zum Zeitpunkt der Übergabe zu erleichtern.

Grundsätzlich wird vermutet, dass die Lieferung einer mangelhaften Sache schuldhaft erfolgt ist – der Verkäufer muss also beweisen, dass ihn ausnahmsweise kein Verschulden trifft. Nach § 933b ABGB obliegt nach Ablauf von zehn Jahren ab der Übergabe der Sache für einen Ersatzanspruch wegen der Mangelhaftigkeit selbst und wegen eines durch diese verursachten weiteren Schadens dem Käufer der Beweis des Verschuldens des Verkäufers.

Da der Käufer hier nicht seinen Anspruch verliert, wenn er ihn nicht bei Gericht geltend macht, sondern im ersten Beispiel eine außergerichtliche Anzeige an den Verkäufer genügt und im zweiten Fall nur die Beweislast umgekehrt wird, aber der Anspruch nicht verloren geht, wirkt sich die Hemmung der Verjährungsfrist nicht auf die Vermutungsfrist aus.

Beispiel: Übernimmt der Käufer am 01.03.2020 eine Ware, wird bei einer Geltendmachung beim Vertragspartner bis 01.09.2020 vermutet, dass der vom Käufer zu beweisende Mangel der Ware schon im Zeitpunkt der Übergabe vorgelegen ist. An dem Enddatum 01.09.2020 ändert sich nichts.

Rügepflicht nach dem UGB

Die Mängelrüge nach dem UGB hat einerseits zum Zweck, den unternehmerischen Verkäufer in seiner Dispositionssicherheit zu schützen. Andererseits soll er möglichst bald von Beanstandungen des Käufers in Kenntnis gesetzt werden, um gegebenenfalls Beweise sicherzustellen. Eine Mängelrüge sieht somit den Vertragspartner als Erklärungsempfänger vor. Das neue Gesetz hemmt jedoch lediglich Fristen zur Erhebung einer Klage oder eines Antrags oder die Abgabe einer Erklärung bei einem Gericht. Die Frist zu Erhebung einer Mängelrüge wird daher nicht gehemmt.

Fristenverlängerung für Einreichung von Jahresabschlüssen

Unter der "Abgabe einer Erklärung bei einem Gericht" fällt jedoch unter anderem die Einreichung von Jahresabschlüssen. Wenn nun der Jahresabschluss regulär bis 30.04.2020 eingereicht werden müsste, liegen zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes und dem letzten Tag der Einreichfrist 40 Tage. Diese Tage werden ab dem 01.05.2020 hinzugerechnet. Der Jahresabschluss kann daher bis zum 09.06.2020 beim Firmenbuchgericht eingereicht werden.

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Peter
Madl

Counsel

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