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12 February 2024
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Erste OGH-Entscheidung zu neuen Klagen zur Kreditbearbeitungsgebühr: Intransparenz bei auch nur möglicher Überschneidung mit anderen Gebühren; Zulässigkeit offen

Seit 2016 beurteilte der OGH in ständiger Rechtsprechung die Vereinbarung einer Kreditbearbeitungsgebühr als zulässig, weil sie nicht der Inhaltskontrolle unterworfen sei und selbst wenn sie wäre: Kunden würden durch sie nicht gröblich benachteiligt.[1]

 

Ende 2022 erfolgte ein Paukenschlag: In der ersten von mehreren "Fitness-Center"-Entscheidungen meinte der OGH obiter, dass seine davor ergangene Rechtsprechung, wonach laufzeitunabhängige "Bearbeitungs-" oder "Manipulationsgebühren" Entgelt und daher nicht kontrollunterworfen sei, nach der jüngeren Rechtsprechung des EuGH in unionsrechtlichem Lichte neu zu bewerten sei.[2] Eine "Verwaltungspauschale" und eine "Chipgebühr" in AGB eines Fitness-Centers sei nur dann zulässig, wenn ihr konkrete Aufwendungen oder Leistungen, die über das übliche, mit jeder Vertragsbegründung entstehende Maß hinausgehen.

Damit war wieder offen, ob und unter welchen Voraussetzungen Kreditbearbeitungsgebühren zulässig sind, was zu mehreren neuen Gerichtsverfahren führte.

Der nunmehrige Anlassfall

Der nunmehrige Anlassfall OGH 2 Ob 238/23y ist die erste Entscheidung zu den anhängigen Verfahren. Ihr lag eine Verbandsklage des VKI zu folgenden Klauseln der AGB einer Bank zugrunde:

„Einmalige Bearbeitungsgebühr von 4,000% des Kreditbetrags, die dem Kreditkonto angelastet wird (Klausel 1).

Erhebungsspesen in Höhe von € 75,00 (Klausel 2a), Überweisungsspesen in Höhe von € 15,00 (Klausel 2b) und Kosten für Porto und Drucksorten in Höhe von € 25,00 (Klausel 2c), die vom Kreditauszahlungsbetrag abgezogen werden.

Kontoführungsgebühr: € 7,00 pro Quartal (Klausel 3)“

Das Erstgericht und das Berufungsgericht gaben dem Unterlassungsbegehren hinsichtlich Klausel 1, 2a, 2b und 2c statt. Die Begründung des Berufungsgerichts: Entgegen der bisherigen Rechtsprechung (6 Ob 13/16d; RS0130662) stellen diese Entgelte in Anlehnung an 4 Ob 59/22p keine kontrollfreie Hauptleistung (mehr) dar. Die Bearbeitungsgebühr laut Klausel 1 sei gröblich benachteiligend, weil sie in keiner Relation zum Bearbeitungsaufwand stehe und Tätigkeiten abgelte, die für den Vertragsabschluss ohnehin zwingend erforderlich seien. Die Entgelte in Klauseln 2a, 2b und 2c seien getrennt zu beurteilen und intransparent, weil nicht klar sei, ob nur eine einmalige oder auch mehrfache Verrechnung in Betracht komme.

Die Entscheidung OGH 2 Ob 238/23y

Der OGH erklärte die vom Berufungsgericht zugelassene Revision für unzulässig und bestätigte damit die Entscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis. Seine Begründung war aber anders: Entgegen dem Berufungsgericht komme es nicht darauf an, ob Klausel 1 missbräuchlich sei, weil sie im konkreten Fall im Zusammenhang mit Klauseln 2a, 2b und 2c intransparent sei: Der Verbraucher müsse nach dem EuGH in der Lage sein, zu überprüfen, ob sich verschiedene Entgelte oder damit vergütete Dienstleistungen nicht überschneiden.[3] Dieses Erfordernis sei hier nicht erfüllt: Zwar sei der Begriff der Kreditbearbeitungsgebühr für sich genommen ausreichend transparent und wenn nur eine Kreditbearbeitungsgebühr vereinbart werde, kommen auch (intransparente) Überschneidungen nicht in Betracht. Am konkreten Vertrag als Ganzes gemessen sah der OGH die vereinbarte Bearbeitungsgebühr aber mangels Überprüfbarkeit von Überschneidungen mit den übrigen Entgelten als intransparent.

Bewertung

Die Entscheidung OGH 2 Ob 238/23y erlaubt noch keine Rückschlüsse zur Zulässigkeit von transparent vereinbarten Kreditbearbeitungsgebühren. Ob der OGH sie wie bisher als nicht kontrollfähige Hauptleistung und grundsätzlich nicht gröblich benachteiligend ansehen wird oder ob und gegebenenfalls welche weiteren Erfordernisse er dafür aufstellen wird, bleibt spannend.

 


[1]   OGH 6 Ob 13/16d, Punkte 4.3, 4.4, 5.1 (RS0130662); vgl auch 10 Ob 31/16f Klausel 5; 6 Ob 228/16x Klauseln 23, 25 und 28 ; 3 Ob 216/21t ErwGr 70; 4 Ob 232/22d ErwGr 19; 10 Ob 6/23i ErwGr 27.
[2]     OGH 4 Ob 59/22p ErwGr 48 f unter Hinweis auf EuGH C-224/19, C-259/19, Caixabank SA ua.
[3]     EuGH C-565/21, Caixabank SA III Rn 32.

 

 

authors: Peter Konwitschka, as well as Manuela Zimmermann and Michael Magerl


 

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