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22 August 2023
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Änderungen im EU-Emissionshandel: Auf dem Weg zur Klimaneutralität

Die Europäische Union hat weitreichende Reformen im EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) beschlossen, um ihr ehrgeiziges Ziel einer Reduktion der Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55% zu erreichen. Diese Reformen sind Teil des "Fit for 55"-Pakets und sollen eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels spielen. Nachstehend geben wir einen kurzen Überblick über die beschlossenen Maßnahmen und die nationale Umsetzung.

Maßnahmen auf EU-Ebene

Überblick

Um die ehrgeizigen EU-Ziele zu erreichen, werden schrittweise Maßnahmen im Emissionshandel ergriffen:

  • Im Jahr 2024 wird die Gesamtmenge an CO2-Zertifikaten um 90 Millionen Tonnen reduziert, gefolgt von einer weiteren Reduktion um 27 Millionen Tonnen im Jahr 2026. Zusätzlich wird ein linearer Reduktionsfaktor eingeführt, der jährlich 4,3% von 2024 bis 2027 und 4,4% von 2028 bis 2030 beträgt.
  • Gleichzeitig wird die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten schrittweise verringert, bis sie im Jahr 2034 vollständig eingestellt

Änderungen im EU-ETS I

Ab dem Jahr 2024 werden weitere stationäre Anlagen in das Emissionshandelssystem der EU einbezogen: Raffination von Erdöl, Herstellung von Eisen oder Stahl, Herstellung von Primäraluminium oder Aluminiumoxid, Trocknen oder Brennen von Gips oder Herstellung von Gipskartonplatten und sonstigen Gipserzeugnissen, Herstellung von Industrieruß, Herstellung von Wasserstoff (H2) und Synthesegas und die Beförderung von Treibhausgasen zwecks geologischer Speicherung. Für Anlagen, die nun in das EU-ETS I aufgenommen werden, gelten folglich die Vorgaben des nationalen Emissionszertifikategesetzes 2011 (EZG) bereits ab dem 01.01.2024.

Die Luftfahrt ist ein bedeutender Teil des EU-ETS I und erfährt folgende Änderungen:

  • Die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten für den Luftverkehrssektor wird schrittweise abgeschafft. Im Jahr 2024 werden 25% weniger Zertifikate kostenlos zugeteilt, gefolgt von einer weiteren Reduktion um 50% im Jahr 2025. Ab 2026 werden alle Zertifikate für den Luftverkehrssektor versteigert.
  • Zusätzlich wurden 5 Millionen Zertifikate aus diesem Sektor für den Innovationsfonds reserviert, um die Entwicklung vielversprechender, klimafreundlicher Flugkraftstoffe zu fördern. Dadurch sollen Anreize für die Luftfahrtbranche geschaffen werden, ihre Emissionen zu reduzieren und innovative, nachhaltige Lösungen zu entwickeln.
  • Die Reformen werden ab 2024 schrittweise umgesetzt und berücksichtigen auch internationale Verpflichtungen wie den CO2-Kompensationsmechanismus für den Flugverkehr (CORSIA) der Zivilluftfahrtorganisation (ICAO).

Ein neuer Meilenstein ist die Einbeziehung des Seeverkehrs in das EU-ETS I: Erstmals werden die Emissionen aus dem Seeverkehr in das System aufgenommen. Schifffahrtsunternehmen müssen schrittweise Emissionszertifikate abgeben: 40% der überprüften Emissionen ab 2024, 70% ab 2025 und schließlich 100% ab 2026. Mit dieser Maßnahme möchte die EU Verantwortung für eine emissionsärmere Seeschifffahrt übernehmen.

Angedacht wird auch die Aufnahme von Anlagen für die thermische Verwertung von Siedlungsabfällen ("Müllverbrennung") in das EU-ETS. Ab 2024 sind die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, Berichte über diesbezügliche Emissionen vorzulegen, anhand derer die Europäische Kommission bis Mitte 2026 die Einbeziehung in das EU-ETS ab 2028 prüft. Daneben prüft die Kommission auch die Möglichkeit, weitere Abfallbewirtschaftungsverfahren, insbesondere Deponien, die Methan- und Stickstoffoxidemissionen in der Union verursachen, in das EU-EHS aufzunehmen.

Formal kommt es zu Änderungen bei den wiederkehrenden Fristen zur Vorlage des Emissionsberichts (bis 31.03.), zur Buchung der Zuteilung (bis 30.06.) und Abgabe der Zertifikate für das Vorjahr (bis 30.09.).

Neues Handelssystem (EU-ETS II)

Zusätzlich wird ein zweites Handelssystem, das sogenannte EU-ETS II, eingeführt, das für Österreich besondere Bedeutung haben wird. Dieses neue System konzentriert sich auf CO2-Emissionen aus Brennstoffen (meistens Brenn- und Kraftstofflieferanten für Endverbraucher) in den Bereichen Gebäude, Straßenverkehr und weiteren Sektoren, insbesondere in der gewerblichen Produktion.

Das EU-ETS II hat einen ehrgeizigen Zielpfad, der eine jährliche Reduzierung von 5,1% für die Jahre 2025 bis 2027 vorsieht. Ab 2028 wird der jährliche Reduktionsfaktor auf 5,38% angehoben. Das EU-ETS II wird ausschließlich durch Versteigerungen betrieben. Im Jahr 2027 sollen 30% mehr Zertifikate als üblich auf den Markt gebracht werden, die dann von den Versteigerungsmengen in den Jahren 2029 bis 2031 abgezogen werden ("front loading"). Zusätzlich werden im Jahr 2027 600 Millionen Zertifikate in die Marktstabilitätsreserve überführt, um den Preis im Handelsverlauf stabil zu halten.

Carbon Leakage und Grenzausgleich

Die EU betont die Bedeutung der Vermeidung von Carbon Leakage, um eine Verlagerung von Produktionsaktivitäten aus Ländern mit strengeren Klimaschutzmaßnahmen zu verhindern. Hierfür wird der Carbon Border Adjustment Mechanism (Grenzausgleichssystem CBAM) eingeführt. Dieser Mechanismus besteuert Importe bestimmter bei der Herstellung emissionsintensiven Produkte aus Ländern mit geringeren Klimaschutzmaßnahmen oder belegt sie mit CO2-Zertifikaten (CBAM-Zertifikaten). Damit sollen ausländische Unternehmen ähnliche Klimaschutzverpflichtungen wie Unternehmen in der EU haben, um eine unerwünschte Verlagerung von Emissionen zu verhindern.

Umsetzung in Österreich

Die EU-Richtlinie muss, von einzelnen Spezialbereichen abgesehen, bis 31.12.2023 in nationales Recht umgesetzt werden.

Gespannt sein darf man auf die konkrete Umsetzung in Österreich: Die Novelle des EZG soll den nationalen verwaltungsrechtlichen Rahmen für die Änderungen gesetzlich verankern.[1] Sie wird zurzeit vorbereitet. Ein entsprechender Entwurf liegt noch nicht vor.

 

[1] Siehe dazu im Detail https://www.bmk.gv.at/themen/klima_umwelt/klimaschutz/eu_emissionshandel/aktuelle_entwicklung.html#nationale-rechtliche-umsetzung.

Authors: Christoph Jirak, Valentin Dignös

Christoph
Jirak

Attorney at Law

austria vienna

co-authors