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08 July 2020
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Austria: Regulatory Sandbox ab September 2020 auch in Österreich

Der österreichische Nationalrat hat am Dienstag, den 7. Juli 2020, eine Novelle zum Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG) verabschiedet. Diese sieht u.a. die Einrichtung einer sogenannten "Regulatory Sandbox" bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) vor. [1]

Hintergrund

Regulatory Sandboxes ermöglichen Unternehmen, in Entwicklung befindliche, innovative Geschäftsmodelle unter Aufsicht des Regulators zu erproben. Sie dienen der Abklärung, wie Geschäftsmodelle unter Einhaltung der einschlägigen aufsichtsrechtlichen Vorgaben realisiert werden können. Die Erprobung des Geschäftsmodells wird dabei anhand (vorab) bestimmter Parameter durchgeführt, welche vom Regulator unter Mitwirkung des Unternehmens festgelegt werden.

Aufnahme in die Regulatory Sandbox

Eine Aufnahme in die Regulatory Sandbox der FMA ist ab 1. September 2020 möglich.

Die Sandbox steht nur Unternehmen offen, die (Finanz-)Dienstleistungen in Bereichen erbringen wollen, die einer Beaufsichtigung durch die FMA unterliegen. Es muss sich also um Geschäftsmodelle handeln, die mit sehr großer Wahrscheinlichkeit einer Berechtigung durch die FMA (Konzession, Genehmigung, Zulassung oder Registrierung) bedürfen. Bereits konzessionierte Unternehmen können in die Sandbox aufgenommen werden, wenn sie ein neues, in Entwicklung befindliches Geschäftsmodell testen wollen. Diese Unternehmen können ihren Antrag auch gemeinsam mit Unternehmen stellen, deren Geschäftsmodelle keiner Berechtigung der FMA bedürfen ("FinTech Partnerships"). Dafür ist ein rechtsverbindlicher Vertrag zwischen den beiden Unternehmen vorzulegen, der gewährleistet, dass es in der Sandbox-Phase zu keiner einseitigen Kündigung kommt.

Die Aufnahme in die Sandbox ist bei der FMA zu beantragen. Für die Zeit der Teilnahme trifft den Teilnehmer eine aktive Mitwirkungspflicht am Verfahren. Die Teilnahme ist auf höchstens zwei Jahre befristet und es darf zu keiner Herabsetzung regulatorischer bzw. aufsichtsrechtlicher Anforderungen kommen.

Bei der Entscheidung zur Aufnahme in die Sandbox wird die FMA durch einen beim Bundesministerium für Finanzen eingerichteten ehrenamtlichen Beirat unterstützt.

Voraussetzungen

Für die Aufnahme in die Regulatory Sandbox der FMA bestehen zahlreiche Voraussetzungen:

  • Neues, innovatives Geschäftsmodell: Bei dem zu erprobenden Geschäftsmodell muss es sich um ein auf Informations- und Kommunikationstechnologie basierendes Geschäftsmodell handeln, das vor Aufnahme in die Regulatory Sandbox noch nicht betrieben wurde. Der Begriff "Informations- und Kommunikationstechnologie" ist technologieneutral und weit zu verstehen – dieser kann auch künstliche Intelligenz (inkl. machine learning) und Distributed Ledger Technologien (Blockchain) erfassen.
  • Öffentliches Interesse: Das zu erprobende Geschäftsmodell muss im volkswirtschaftlichen Interesse an einem innovativen Finanzplatz gelegen sein. Zudem darf das betreffende Geschäftsmodell keine Gefährdung der Finanzmarktstabilität oder des Verbraucherschutzes erwarten lassen.
  • Testreife: Mit Ausnahme der im Rahmen der Regulatory Sandbox abzuklärenden rechtlichen Fragen dürfen der Umsetzung des Geschäftsmodells keine sonstigen (grundlegenden) technischen oder rechtlichen Hindernisse entgegenstehen.
  • Beschleunigung der Marktreife: Der potentielle Sandbox-Teilnehmer hat schlüssig darzulegen, dass die Aufnahme in die Regulatory Sandbox die Marktreife seines Geschäftsmodells beschleunigen wird.
  • Abklärung offener Rechtsfragen/Konzessionierung: Es ist darzulegen, dass im Rahmen der Teilnahme an der Regulatory Sandbox die Abklärung offener aufsichtsrechtlicher Fragen erwartet werden kann. Damit sind Geschäftsmodelle ausgeschlossen, welche die FMA bereits gestattet oder beauskunftet hat oder die keine aufsichtsrechtlichen Sachverhalte erfüllen, etwa weil dafür eine Gewerbeberechtigung ausreicht.

Ausblick

Die lange angekündigte und im Regierungsprogramm vorgesehene Einrichtung einer Regulatory Sandbox bei der FMA ist zu begrüßen. Österreich schließt damit an andere europäische Staaten wie etwa Großbritannien, die Niederlande oder Polen an, die bereits erfolgreich Regulatory Sandboxes eingerichtet haben. In Entsprechung des FinTech Aktionsplans der Europäischen Kommission (COM/2018/0109 final) positioniert sich Österreich damit weiter als attraktiver Standort für FinTechs.

 

[1] www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/I/I_00193/index.shtml

Ursula
Rath

Partner

austria vienna

co-authors